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Corona-Wortschatz

Neusprech à la française

Jörg-Manfred Unger

„Confiméditation", © Snowpa Shutterstock

15. April 2020

Weltweit hat die Corona-Pandemie Auswirkungen auf die Sprache. Zu bereits existierenden Wörtern und Ausdrücken, die zum allgemeinen Sprachgebrauch wurden, kamen und kommen ständig einschlägige Neologismen und Euphemismen. Auch in Frankreich.

So gehören bereits vor der Gesundheitskrise bekannte, aber selten oder bis dahin nur in Fachkreisen benutzte Wörter und Ausdrücke wie coronavirus, quarantaine oder, in Kriegszeiten triage (im Deutschen ein Gallizismus) und couvre-feu (Ausgangssperre), mittlerweile ebenso zur Alltagssprache wie confinement (synonym für Quarantäne, Ausgangssperre, Lockdown); auch auto-confinement, confiné und déconfinement/déconfiné, pandémie, passeport vaccinal, gestes barrières (für abwehrende Haltung) und télétravail wurden zu neuem Leben erweckt bzw. bekamen eine neue Bedeutung, so wie masque (für Mund- und Nasenschutz) oder quatorzaine (14 Tage Quarantäne statt des für zwei Wochen gebräuchlichen Ausdrucks quinzaine). Von Anfang an entstand ein Corona-Wortschatz (lexique du coronavirus), der durch Veröffentlichungen wie in Le Monde und anderen klassischen Medien, vor allem aber in den sozialen Netzwerken weitere Verbreitung fand.

Corona + kreativ = coronativ

Dazu gehören auch Neologismen wie Covid-19, coronials und coronacoma. Komposita wie covidiot, antimasques oder covidivorce (Scheidung wegen Corona) bringen nicht immer Kritik oder Verunglimpfungen zum Ausdruck (Stichwort: quaranthaine): confipote, confinemanche (confinement + dimanche = der Lockdown als Sonntagsgefühl) und voyageoreiller (Reisen erzählen) etwa sind, wenn auch mitunter durch Hintergedanken vergiftet, positiv konnotiert; confinyoga und confiméditation geben Lebenshilfe, Wörter wie covider (leerräumen in Corona-Zeiten, z. B. den Keller) Tipps in der Pandemie; téléfêter und télésaluer bringen neue Gewohnheiten zum Ausdruck; aus der fête du travail wird die téléfête du télétravail.

Hinzu kommen Lehnwörter aus anderen Sprachen wie der Germanismus coronaspeck, Anglizismen wie cluster, zoombombing, superspreader, coronahotspot oder tracking und sogar ein Japanismus, on-nomi (wörtlich übersetzt: boire en ligne = virtuell trinken, cf. coronapéro, skypéros). Mit einem neologischen Euphemismus wie der im Frühjahr 2020 von der Regierung propagierte Strandbesuch ohne Verweilrecht, plage dynamique, wurde nicht nur der Sachverhalt schöngeredet, sondern darüber hinaus eine coronabedingte Vorschrift kommuniziert.

Die Französinnen und Franzosen verzichten in der Pandemie weder auf Gewohnheiten noch verlieren sie ihren Humor: der whatsappéro wird zum Whiskype oder Vodkaphone; bei sportlichen Aktivitäten bilden sich coronabdos.

Nicht immer ist der „coronale“ Sprachgebrauch indes korrekt: Mit distanciation sociale ist eigentlich distanciation physique gemeint. Nur dadurch kann die Verbreitung des Virus aufgehalten werden.

Corona-Wortschatz im Deutschen und im Französischen

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