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Straßenbahnen im Großraum Paris

Renaissance der Tram

Wolfgang O. Hugo

Die Tram gehört wieder zum Stadtbild von Paris. © Shutterstock

23. März 2020

Niemand reist nach Paris, um dort mit der Straßenbahn zu fahren. Aber einmal vor Ort, sollte man genau das tun.

Seit 1992 ist die Tramway auf der Île-de-France zurück, seit 2006 – zunächst in den nördlichen Vororten – auch in der französischen Hauptstadt. Als Alternative zur Metro wird ihr Netz immer weiter ausgebaut. Schon heute nutzen eine Million Menschen täglich die zehn Tramway-Linien in und um Paris. Zum Vergleich: die Metro hat im gleichen Zeitraum 4,5 Millionen Fahrgäste.

120 km Schienen gibt es mittlerweile und 193 Haltestellen; 253 Züge verkehren u. a. auf und neben der Petite Ceinture, der 32 Kilometer langen, Paris (ab 1852) umrundenden Eisenbahnstrecke, sowie der Ringstraße Boulevard des Maréchaux, als Linie 3a (Pont de Garigliano – Porte de Vincennes) und 3b (Porte-de-Vincennes – Porte de la Chapelle).

Bis 2006 fuhr in Paris die letzte Tram (der Linie 123/124) am 15. März 1937 zwischen den Endstationen Porte de Saint-Cloud und Porte-de-Vincennes und die letzte Banlieue-Tram der Linie 112 am 14. August 1938 zwischen Le Raincy und Montfermeil. 68 Jahre ohne Tram! Heute träumt der die Stadtverwaltung beratende Conseil de Paris bereits von einer Tramway-Verbindung des rechten Seine-Ufers von Maisons-Alfort (im Osten) bis zur Brücke von Saint-Cloud (im Westen). Sie wäre wegen des Blicks auf Paris an den Ufern der Seine auch touristisch interessant.

Enorme Kosten

Der Tramway-Hype entstand vor allem aus Kostengründen, zumal das Bus-Netz ausgereizt ist: Die 14 km lange T6, 28 Translohr STE6-Busbahnen mit 21 Haltestellen zwischen Châtillon-Montrouge und Viroflay-Rive-Droite zum Beispiel befördert seit 2014 täglich 62 000 Fahrgäste, auf 1,6 Kilometern auch unterirdisch – Tendenz steigend. Sie kostete nur einen Bruchteil anderer Verkehrslösungen. Für eine Busbahn sprachen in diesem Fall weniger breite Züge, geringere Kurvenradien und zwei größere Steigungen.

Bei einigen Linien hat sich der Ausbau des Tramway-Netzes in Paris u. a. wegen der Finanzierung erheblich verzögert: bis zur Inbetriebnahme der T6 (Châtillon – Viroflay-Rive Droite) etwa dauerte es 13 Jahre. Zudem ist der Tramway-Bau im Großraum Paris sehr viel teurer als in der Provinz: Mussten in Besançon 13,7 Mio. Euro und Dijon 19,9 Mio. Euro pro Tramway-Kilometer bezahlt werden, so kostete die Busbahn T 5 (Marché de Saint-Denis – Garges Sarcelles) 25 Mio. Euro pro Kilometer; bei der bahngleichen T 11 waren es 55 Mio. Auch die Kosten für die Züge unterscheiden sich sehr und sind u. a. von ihrer Traktion abhängig. Die inzwischen fast tausendfach in viele Tramway-Netze der Welt gelieferten Citadis-Versionen gibt es schon ab 2,2 Mio. Euro pro Zug; der Zwei-Strom-Zug Citadis Dualis für die T 11 aber kostet 5,8 Mio. Euro.  

Fahrerlebnis Tram

Ein kurzer Blick auf die Karte macht deutlich: Die Pariser Tramway soll die Vorstädte miteinander verbinden und dabei tangentiale Verbindungen ermöglichen. Mitunter ist das für die Fahrgäste ein Erlebnis: Die Fahrt mit der T2 von La Défense bis Porte de Versailles etwa war zuvor eine Eisenbahnlinie mit typischen alten Bahnhöfen sowie Zielen wie die Porzellan-Manufaktur in Sèvres. Im Juli 1997 eröffnet, kommen fünf Jahre später 2,65 Meter breite Züge zum Einsatz, die ab September 2005 in Doppel-Traktion (mit 65 Meter Länge) fahren. Heute nutzen 214 000 Fahrgäste täglich die 17,9 km lange Linie, mit Ausblick auf die Seine, den Bois de Boulogne und Boulogne-Billancourt.

Die T3 hält u. a. an der Porte de la Villette und damit teilweise in Sicht- sowie fußläufiger Reichweite zum Parc de la Villette, dem Canal de l’Ourq, zur Philharmonie, der Cité de la musique, dem Théâtre Paris-Villette, den Veranstaltungshallen Zénith und der Grande halle de la Villette, dem Kugelkino La Géode und dem Wissenschafts- und Industriemuseum Cité des sciences et de l’Industrie.

Seit Juli 1992 gibt es die T1, jetzt 17 km lang, von Asnières-Gennevilliers nach Noisy-le-Sec. In Saint-Denis fährt die T 1 in die Fußgängerzone unweit der Basilika von Saint-Denis. Dort ist man mitten im Leben von 9-3, wie das Département Seine-Saint-Denis (93) auch genannt wird. Täglich nutzen 216 000 Fahrgäste die T1; die Ost-West-Linie im Pariser Norden bietet fast an jeder Haltestelle Umsteigemöglichkeiten in Métro- oder Buslinien – für Einheimische ebenso praktisch wie für Touristen.

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