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Pays Basque

Kleiner Reiseführer

Johanna Kosak

© Adobe Stock

17. Januar 2022

Weshalb Charlie Chaplin Churros-Fan war, Steinzeit-Tennis hip ist und man immer vier Stücke Gâteau Basque essen sollte. Ongi Etorri, bienvenue, herzlich willkommen im französischen Baskenland!

Pelote Basque

Schritt 1: Flechten Sie sich doch bitte mal einen Korb in Bananenform. Merci!
Schritt 2: Bauen Sie in jedes baskische Dorf mit mehr als zwei Häusern eine hohe Mauer und dreschen sie mit der geflochtenen Banane einen kleinen Ball mit mehr als 300 km/h gegen die Wand.
Schritt 3: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben Pelote Basque erfunden!

Surfbrett verloren, Paella-Festessen geplant oder Chilischoten zu verkaufen? In baskischen Dörfern trifft man sich nicht am „Schwarzen Brett“, um Informationen auszutauschen – nein, hier ist der Mittelpunkt der Dorfgemeinschaft und zentraler Bestandteil der baskischen Identität ein „Orangenes Brett“ bzw. eine orangene Prellwand, der sogenannte Frontón.

Beim baskischen Rückschlagspiel Pelote Basque, eine Art urtümlicher Squash, schlagen zwei Spieler bzw. zwei Zweierteams abwechselnd einen Ball gegen diese Wand. Die Beschleunigungsinstrumente variieren historisch und örtlich zwischen der bloßen Hand, einem tischtennisschlägerartigen Schlagbrett und einem Spitzkorb mit Fang- und Schleuderfunktion – der auf den ersten Blick eher einer Banane ähnelt.

Flora und Fauna im Baskenland

Typisch baskische Schafe im Hinterland, © Adobe Stock

Im Pays Basque prägen aufgrund des feuchtgemäßigten maritimen Klimas hohe, bunte Wiesen und tropische Wälder voller Palmen, Farn und Eichen die Landschaft. Landwirtschaftlich genutzte Flächen für Gemüseanbau sind deutlich kleiner als in Deutschland und immer wieder von geduckten Wildrosen- und natürlichen Vogelschutzhecken durchbrochen, an den Straßen und Feldrändern lässt man einfach alles wuchern, was so wuchern will.

Daher bietet das ursprüngliche Baskenland vielen vom Aussterben bedrohten Tierarten, zum Beispiel der Nordiberischen Kreuzotter, dem Auerhahn oder dem Weißrückenspecht inmitten von sanften Hügeln, dem wilden Ozean und den Ausläufern der Pyrenäen eine grüne Heimat – doch auch diese grüne Vielfalt ist in Gefahr: Nicht nur in Biarritz fressen sich große Hotelburgen die Küste entlang. Um dem Touristenansturm gerecht zu werden, müssen selbst Autobahnen (aus)gebaut werden.

On egin, bon appétit, guten Appetit!

Chorizo a la Sidra, © Adobe Stock

Küche und Kochen haben im Baskenland einen hohen Stellenwert: Allein im spanischen Ort Donostia-San Sebastián gibt es 119 sogenannte Sociedades Gastronómicas, also Vereine zum täglichen gemeinsamen Kochen und Essen. Meine Menüvorschläge im französischen Baskenland:

  1. Gruß aus der Küche: frische Austern mit sonnengereiften Zitronen und schwarzem Pfeffer
  2. Bunter Salat mit roten Fleischtomaten, gelben Flaschentomaten, Alubias de Tolosa (schwarze Bohnen aus dem Ort Tolosa), Gurken, eingelegten piments d’Espelette (Paprikaschoten), Schinken aus Bayonne und ofenfrisches Baguette
  3. Marmitako: herzhafter Fischeintopf mit Thunfisch, Kartoffeln, Zwiebeln, Paprika und Tomaten oder Chipirones en su tinta: Fischgericht mit Kalmaren in eigener Tinte, Fischbrühe, Weißwein, Zwiebeln, Tomaten, Olivenöl und Knoblauch, Baguette
  4. Chorizo a la Sidra: Paprikawurst in Apfelwein gekocht
  5. Piperade: Paprika-Omelette aus vier verschiedenen Paprikasorten
  6. Thunfischsalat mit Fleischtomaten, Mais und regionalen Gewürzen
  7. Cuajada: joghurtartiges Milchprodukt aus Schafsmilch mit baskischem Wildbienenhonig
  8. Goxua: Puddingcreme, Kuchenteig, Sahne, mit Karamell überzogen und flambiert
  9. Gâteau Basque: Kuchen aus Mürbeteig mit Schwarzkirschen-Cremefüllung
  10. Käseplatte mit Trauben, Feigen, Datteln und Schwarzkirschmarmelade

Mondänes Biarritz

La Grande Plage von Biarritz, © Adobe Stock

Aloha, willkommen zur legendären Biarritz-Surf-Tour! Biarritz war und ist ein Hotspot für die High Society aus aller Welt: Als Napoléon III und die Kaiserin Eugénie Biarritz im späten 19. Jahrhundert zu ihrem Badeort an der französischen Atlantikküste erkoren (die ehemalige kaiserliche Residenz ist heute ein Luxushotel), wurde aus dem ehemaligen Walfangörtchen ein mondänes Seebad, wo ein Jahrhundert später auch Charly Chaplin gerne seine Zeit verbrachte.

An der Grande Plage befindet sich das 1924 erbaute Art-déco-Casino, in dem auch wilde Partys mit Stars wie Frank Sinatra und Gary Cooper stattfanden. Daneben stehen luxuriöse Belle-Époque-Villen und weniger luxuriöse Hotelbauten aus den 1970er Jahren.

Verständlicherweise interessieren sich nämlich nicht nur Millionäre und Adelige für die zahlreichen kleinen Stadtstrände, die warme Sonne und vor allem die „perfekte Welle“: Biarritz gilt als legendäre Surfstadt, die Wellen der Biskaya ziehen jedes Jahr Surfer aus ganz Europa an. Auch Politiker haben das Seebad für sich entdeckt: 2019 fand hier ein G7-Gipfeltreffen statt.

Zum perfekten Aussichtspunkt führen übrigens 248 Stufen im Leuchtturm auf einer Landzunge im nördlichen Teil der Stadt. Von hier aus überblickt man bei klarem Wetter kilometerlang die baskische Küste.

Lauburu

© Adobe Stock

Nicht nur auf dem süßen Gâteau Basque, Kirchenmauern, Touristen-Fußkettchen, Fischerbooten oder Mundschützen findet es sich – das sogenannte baskische Kreuz, Fachbegriff Lauburu. Es ist ein zentrales Symbol der Region und im Pays Basque allgegenwärtig. „Lau buru“ bedeutet in der baskischen Sprache „vier Köpfe“, „vier Enden“ oder „vier Gipfel“ und könnte für die vier Regionen des Baskenlands stehen: Álava, Vizcaya, Guipúzcoa und Navarra.

Meine Interpretation: Alle guten Dinge sind vier – vier Stücke Gâteau Basque, vier Kirchen besichtigen, vier Touristen-Fußkettchen kaufen …

Die baskische Sprache

„Ha, Enigma deszifratzeak ere mezu sekretu honetan lan egin beharko luke denbora batez. Sinestezina, hizkuntza hau!“

Handelt es sich:

  1. um eine Fantasiesprache, die in Zusammenarbeit mit einem orkisch sprechenden Herr-der-Ringe-Fan und einem Kleinkind entstanden ist
  2. um Latein-Rap mit Legasthenie-Elementen 
  3. um Baskisch?

Die richtige Antwort: c! Baskisch stellt nicht nur Straßenschilder lesende Touristen vor Rätsel, sondern sorgt auch unter Linguisten für reichlich Diskussionsstoff. Einerseits scheint das Baskische als sogenannte isolierte Sprache nach dem überwiegenden Urteil der Forscher mit keiner anderen Sprache verwandt zu sein, andererseits gibt es aber auch Überlegungen, ob es im Baskischen nicht Ähnlichkeiten mit einigen afrikanischen Sprachen, Sibirisch oder Mandarin gibt.

Die Baskenmütze gehört zur Folklore. © Adobe Stock

Fakt ist, dass diese wahrscheinlich älteste europäische Sprache mit ihrem komplexen Verbalsystem sehr schwer zu lernen ist – das geben selbst die 750.000 baskisch sprechenden Menschen zu, die im spanischen und französischen Baskenland sogar baskische Schulen besuchen können. Aber auch in Nord- und Südamerika begrüßen manche sich mit „Egun on!“ („Guten Tag!“), denn hier strandeten viele baskische Seefahrer: Heutzutage schätzt man, dass mehr als 21 % der Einwohner Chiles und 10 % der Einwohner Argentiniens baskische Wurzeln haben. Nicht zuletzt deshalb sprechen weltweit rund 1,2 Millionen Menschen Baskisch.

PS: Die Übersetzung des Satzes: „Ha, an dieser Geheimbotschaft dürften selbst die Enigma-Dechiffrierer einige Zeit tüfteln. Unglaublich, diese Sprache!“

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