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Hymne auf Réunion

Lagunendämmerung

Ortwin Ziemer

Ganz allmählich erwachen auch auf Réunion der Tourismus und mit ihm die Wassersportarten wieder zum Leben. Zwei Aufklärern oder Kundschaftern gleich, gleiten zwei Stand-up-Paddler behutsam im Schein der sinkenden Sonne über die Lagune. © Ortwin Ziemer

26. Juni 2020

Der Tourismus wurde wie überall auf der Welt auch auf Réunion schwer von der Corona-Pandemie getroffen. Allmählich erwacht er wieder Schritt für Schritt zum Leben – zunächst in Form von Binnentourismus.

Nach weiteren Lockerungen der Corona-Maßnahmen haben wir uns jüngst mit der Familie erstmals wieder an den Strand gewagt und an der Lagune vor der Westküste einen Sonnenuntergang genossen, der mich wegen der besonderen Umstände ganz eigentümlich berührt hat. Stand-up-Paddler, fliegende Fische und sogar ein urplötzliches Gewitter gaben sich ein Stelldichein und hinterließen einen tiefen Eindruck auf mich:

Flammend versinkt am Horizont der Sonne Strahlenkranz
Scheidender Tag taucht die Lagune in perlmuttschimmernden Glanz.
Fern geht ein feiner Regenschleier nieder:
Wasser zu Wasser, auf und ab – immer wieder.

Ein Schwarm fliegender Fische zischt über die Lagune,
Zu Recht ohne jegliche Furcht vor der Harpune.
Ihr wellengleicher Flug – eine fast immaterielle Eleganz:
Ein luftleichter, schillernd perlender, silbern gleitender Glanz.

Unaufhaltsam neigt der sich der Spätnachmittagssonne goldener Keil,
Kapriolen schlagend wie ein seltsamer verirrter Pfeil.

Der Wolken Marmor nimmt allmählich an die Konturen leicht schattierten Porzellans,
Unweit der Gestade, wo einst darbten die letzten Gefährten Magellans.
Anfangs hatten sie gelockt der Molukken Gewürze,
Am Ende trachteten sie nur gen Heimat in aller Kürze.

Draußen am Riff das Bersten zart ziselierter Schaumkronen –
Das endlose Spiel sich stets erneuernder Schablonen.
Die letzten Wolken zeichnen einen pastellnen Hauch von Rahmen.
Goldene Punkte am Firmament: die Nacht sät ihre ersten Samen.

Weit gegen Abend zu spielen Aquarelltöne hinein in tiefes Türkis.
Ein letzter fahler Schein verliert sich zögernd über einem Stück Paradies.

Scharf zeichnen sich ab die Silhouetten der Vacoas gegen das fliehende Licht,
Das mit den rasch länger werdenden Schatten seinen allabendlichen Kampf ausficht.
Im Süden ragt die Pointe au Sel wie ein einsamer Rufer –
Still atmet die Lagune ihre Wellen gegen das Ufer.

Plötzlich hat sich von Mitternacht her eine frische Brise erhoben.
Die Rastlosigkeit des Tages ist endgültig zerstoben.
Blitzumflort krümmt sich der basaltene Wolkenturm.
Wie ein jederzeit sprungbereiter Riesenwurm.
Unter einem herantosenden, noch verborgenen Sturm zum Angriff geduckt,
Bevor auch ihn die allüberschwemmende Finsternis verschluckt.

Unvermittelt fällt schwer, mit einem Male, der Mantel der Nacht.
Die seidene Front der Filaos erschauert vor solch geballter Macht.
Ein erster Stern durchbricht das Abendwolkenband,      
Hinter dem unwiederbringlich und wider Willen das Tagesgestirn verschwand.

Dialog Dialogue

3 Kommentare/Commentaires

  1. Vielen Dank für diesen wunderbaren Beitrag 🍀
    Nächstes Jahr werde ich hoffentlich diese wunderschönen Bilder wieder selbst vor Augen haben!

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