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Interpellation

Napoléon à la folie

Martin Graff

© denissimonov, Adobe Stock

5 mai 2021

Mit den Worten « Napoléon à la folie » beschreibt Le Monde die Napoleon-Mania zum 200. Todestag des Empereur – „Napoleon zum Verrücktwerden“!

Napoleon beherrschte aus gegebenem Anlass die französische Medienlandschaft. Als Krönung sozusagen verneigte sich Emmanuel Macron am 5. Mai  devant son catafalque dans le dôme des Invalides à Paris. Exakt 200 Jahre nach seinem Todestag am 5. Mai. « Pas de célébration exaltée mais une commémoration éclairée », so Monsieur le Président.

Das hatten weder De Gaulle, Pompidou, Giscard, Mitterrand, Sarkozy, noch Hollande gewagt.

Die einen bezeichnen Napoléon Ier als blutigen Diktator qui avait rétabli l‘esclavage und Europa in Feuer und Flammen aufgehen ließ. Die anderen sehen in dem Korsen den Retter der Republik, die im Chaos zu versinken drohte.

„Ich habe den Kaiser gesehen, die Seele der Menschheit“, posaunte Hegel. Goethe war begeistert, bis der Republikaner se métamorphosa en Empereur.

À cheval

Ich selbst begegnete Napoleon mehrfach. Als Zehnjähriger habe ich ihn auf einem Pferd devant les pyramides en Égypte gezeichnet. Mon instituteur warf mir vor, das Bild abgepaust zu haben. Damit war meine Karriere als Karikaturist beendet.

Zu verdanken aber habe ich Napoleon das Abitur: il inventa le baccalauréat. Und später, als evangelischer Pfarrer, mein Honorar – grâce au Concordat, das er eingeführt hatte und  damit die Pfarrer, Priester und Rabbiner zu Beamten machte. Bis heute gilt das in Frankreich nur im Elsass; im übrigen Land werden die Geistlichen depuis la séparation de l’Église et de l’Etat en 1905 miserabel bezahlt.

Ein paar Mal, in Straßburg und in Bad Wimpfen, übernahm ich im Film die Rolle Napoleons, obwohl ich im Gegensatz zum großen Kaiser (168 Zentimeter) 1 Meter 72 messe.

Napoléon distribua l’Europe à sa famille. Die Ideen der Aufklärung verschwanden im Nebel seines autokratischen Geistes avec un résultat imprévu : la montée du nationalisme allemand qui déboucha sur deux guerres mondiales.

Bleiben ein paar Lichtblicke comme le Code civil, ein modernes Gesetzbuch, das auch in Deutschland bis heute Spuren hinterlässt. Auf einer Auktion ist seine tabatière zu ergattern. Darin könnte ich meine Ohrstöpsel aufbewahren.

Und noch was: Macron sieht dem jungen Napoleon verblüffend ähnlich.

Le vertige des célébrations

Es gibt Wochen, in denen Jubiläumstage historischer Ereignisse uns wie Lawinen zu ersticken drohen: Le bicentenaire de la mort de Napoléon le 5 mai, la fin de la seconde guerre mondiale le 8 mai à Paris, le 9 à Moscou.

Der Europatag le 9 mai, « Bâtir un avenir plus ambitieux pour l’Europe et Strasbourg » (Emmanuel Macron). Le 10 mai, le Président fêta la journée des mémoires de l’esclavage en souvenir du 20e anniversaire de la loi Taubira qui décréta l’esclavage comme « crime contre l’humanité ».

Le 10 mai, la victoire de la gauche en 1981 (François Mitterrand !) fut célébrée par les médias du matin au soir. Kaum auszuhalten. Vertige de la mémoire.

Last but not least, der 150. Jahrestag de la cession de l’Alsace et de la Moselle à l’empire allemand lors du traité de Francfort le 10 mai 1871 – nach einem verlorenen Krieg, déclenché par Napoléon III contre la Prusse.

Um Himmels Willen: j’allais oublier Christi Himmelfahrt le 13 mai – schließlich ist l’ascension un jour férié en Allemagne und im laizistischen Frankreich!

Martin Graff

Dialog Dialogue

2 Kommentare/Commentaires

  1. DAS habe ich heute (wieder einmal) gelernt:
    Im Leben gibt es nie die Farben Schwarz oder Weiß!
    Und zudem sprachlich so kurzweilig spannend erzählt!
    Danke.

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