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Kreisverkehr in Frankreich

Eine runde Sache

Martin Vogler

Der rond-point von Chéméré im Departement Loire-Atlantique, © altitudedrone, Adobe Stock

20 juin 2022

Die Hälfte aller Kreisverkehre der Welt sollen sich in Frankreich befinden. Der verkehrstechnische Nutzen der vielen giratoires/ronds-points ist oft umstritten – so wie die Ästhetik der mitunter überraschenden Möblierungen auf der Verkehrsinsel in der Mitte. En français : Le geyser de Monheim.

Die französischen Gemeinden scheinen sich gegenseitig bei der originellen und regionaltypischen Ausgestaltung ihrer Kreisverkehre/Verkehrskreisel/Kreisverkehrsplätze/Kreisel/Rondelle

überbieten zu wollen. Besonders toll treiben es die Weinregionen. Ein paar Fässer sind da das Mindeste. Manche pflanzen sogar Weinberge mitten in den kreisenden Verkehr. Gerne stellen sie Weinberghütten hin, um die herum lebensgroße Winzer-Figuren platziert sind, selbstverständlich samt Arbeitsgeräten wie Rebscheren oder Butten (hottes), überdimensionale Weindolden, Riesen-Korken oder (natürlich leere) Weinflaschen weit über das Salmanazar-Maß (neun Liter) hinaus.

Richtig kreiseln

Pech für Automobilisten, dass sie meist nur unter Lebensgefahr originell gestaltete Inseln mitten im Verkehrsfluss betreten können, selbst wenn dort eine (eher symbolisch gemeinte) Bank lockt. In der Regel bleibt am Steuer nur der rasche Blick aus dem fahrenden Auto. Aber attention: In Frankreich gilt im Kreisverkehr die Rechts-vor-Links-Regel. Es sei denn, Verkehrsschilder bestimmen etwas anderes. Auch die Regeln fürs Blinken sind zumindest für Deutsche gewöhnungsbedürftig. Während man in Deutschland nur beim Verlassen eines Kreisverkehrs blinken darf, gilt dies in Frankreich auch beim Hineinfahren – und wer gleich wieder raus will, blinkt rechts; wer auf eine innere Spur fahren will, links

Zumindest vom Beifahrersitz aus kann man einen längeren Blick auf die Verkehrsinseln riskieren – was sich angesichts fantasievoller Gestaltungen oft lohnt. In Angoulême (Charente) schmücken Eisenbahnschienen mit historischer Bahnschranke und Strommasten die Verkehrsinsel. Die Installation soll den TGV-Bahnhof, auf den die Stadt stolz ist, würdigen – „Kitsch“ so das Urteil der regionalen Tageszeitung Charente Libre. In Meeresnähe sind neben Badekabinen fast überall Fischerboote dekorativ auf den Verkehrsinseln gestrandet. Futuristischer geht es in La Haye-Fouassière (Loire-Atlantique) zu, wo eine fliegende Untertasse mitten im rond-point „gelandet“ ist (und aus der Astronauten steigen). Sie irritieren die Vorbeifahrenden nicht zuletzt auch dadurch, dass sie Backwaren und eine Flasche Muscadet-Wein bei sich haben. Damit wollen Firmen, die sich an dem 400.000-Euro-Projekt beteiligten, für ihre Produkte werben; so wie auch ein Supermarkt in Vitry-sur-Seine (Val-de-Marne).

Die place Charles-de-Gaulle in Paris, Krönung des französischen Kreisverkehrs. © iStock

Gestaltung und vor allem Kosten der ronds-points gefallen in Frankreich nicht allen. So veröffentlichte die Vereinigung der Steuerzahler Tous contribuables 2020 eine Liste der „schlimmsten Kreisverkehre“ des Landes. Auf den ersten drei Plätzen: die von Pontarlier, Perpignan, Cugnaux.

Sponsoren-Engagement

Sponsoren beteiligen sich gerne an giratoires. Gärtnereibetriebe spendieren Blumen, Büsche, Pergola, Bäume, Kräutergärten oder sogar kleine Seen mit Brücken – und kümmern sich anschließend um deren Pflege. Ihr Lohn, vor allem der des örtlichen Handwerks, sind Werbetafeln. Schustern, Schreinern oder Müllern – Letztere natürlich mit Windmühlen repräsentiert – sind bei der vermeintlichen Verschönerung scheinbar keine Grenzen gesetzt. Und wenn Schnecken ein Wirtschaftsfaktor sind, werden sie an exponierter Stelle als Skulptur gewürdigt, zum Beispiel in Lorignac (Charente-Maritime). Im Land der Tour de France herrscht übrigens an „Radfahrern“ inmitten von Kreiseln kein Mangel – wie zum Beispiel in Rouvroy (Pas-de-Calais), La Roche-sur-Yon (Vendée) oder in Bourg-Blanc (Finistère).

Eine nicht unumstrittene neue Bedeutung erleben französische Kreisverkehre seit 2018, als die Gelbwesten gilets jaunes deren strategischen Nutzen entdeckten. Sie campieren gerne auf den Verkehrsinseln und blockieren von hier aus den Verkehr – ungefähr das genaue Gegenteil dessen, was in Frankreich Sinn eines carrefour giratoire – so der offizielle Name – ist: Der Verkehr soll, entschleunigt, reibungsloser als an Ampelkreuzungen fließen.

Verkehr im Fluss

Jährlich kommen in Frankreich bis zu 800 neue ronds-points hinzu – ohne dass es eine Statistik gäbe, die zuverlässig den Bestand auflistet. Konservative Schätzungen beginnen bei 20.000, die meisten gehen von bis zu 40.000 aus. Der Blog beyondthemaps ermittelte 2018 die Rekordzahl von 65.127; an der Spitze: das Département Vendée mit 2,43 pro 1000 Einwohner. Paris kann da nicht mithalten. Aber immerhin hat die Hauptstadt mit der vom Urbanisten Eugène Hénard gestalteten place de l’Étoile, der seit 1970 offiziell nach Charles de Gaulle benannt ist, einen außergewöhnlichen und mit 240 Metern Durchmesser besonders großen giratoire mit dem Arc de Triomphe als Mittelpunkt zu bieten, in den zwölf Straßen münden und wo (für deutsche Autofahrer) Chaos herrscht.

Weitaus beschaulicher dürfte es zugegangen sein, als 1907 in Nozay (Loire-Atlantique) der erste Kreisverkehr Frankreichs gebaut wurde. Schon damals wollten die Verantwortlichen einen Gefahrenpunkt entschärfen. Die Unfälle mit Pferdewagen hatten sich gehäuft.

Linktipp:
Ronds-points in Frankreich

Le geyser de Monheim

© Stadt Monheim am Rhein, photo : Lars Berwanger

En Allemagne, les ronds-points sont souvent moins originaux qu’en France. Il existe cependant des exceptions, comme à Monheim-sur-le-Rhin, ou un geyser projette par intermittence, au milieu d’un rond-point, des fontaines de 12 mètres de haut et où un autre rond-point a la forme d’un tourne-disque.

La ville de 43.000 habitants située au sud de Düsseldorf impressionne avec cette animation spectaculaire au cœur du trafic routier. Elle et son jeune maire, Daniel Zimmermann, ont souvent été sous le feu des critiques à cause du geyser, entre autres du Bund der Steuerzahler (fédération allemande des contribuables). En même temps, Monheim dispose, pas seulement en raison de cette action, d’une excellente réputation dans le monde de l’art. Car même si un geyser est un « phénomène naturel » : à Monheim, il s’agit d’une installation de l’artiste Thomas Stricker pour laquelle la ville a dépensé quelque 600.000 euros ; à cette somme s’ajoutent des coûts continus pour le personnel, l’eau et l’électricité ainsi que l’exploitation d’un feu de signalisation.

La plupart du temps, ce geyser situé sur la promenade du Rhin dégage seulement de la vapeur ; mais il jaillit, dû à sa technique sophistiquée, toujours après 64 heures d’ensoleillement. Le trafic doit alors être interrompu, et les nombreux curieux peuvent apprécier un paysage photographique inattendu pour la région. Pour l’artiste Thomas Stricker, ce biotope artificiel est un hommage à la nature sauvage de l’Islande, l’île originaire des geysers.

Les coûts relativement élevés n’effraient guère les habitants de Monheim. En effet, la ville, au grand mécontentement de nombreuses communes voisines, a fortement réduit la taxe professionnelle, créant ainsi des conditions très attractives pour l’implantation d’entreprises. Les caisses de la ville sont donc bien remplies.

En 2019, le budget a déjà été suffisant pour un autre rond-point artistique. Celui-ci ressemble à un tourne-disque, avec ses 30 mètres de diamètre et un « bras de lecture ». Ce projet dénommé « Haste Töne » (traduction libre : donner le ton) du groupe d’artistes « Inges Idee » (« L’idée d’Inge ») a également été défendu contre les autres partis par le parti de jeunes Peto et sa majorité au conseil municipal. Ses coûts se chiffrent comme le geyser en centaines de milliers d’euros.

Traduction : Amélie Gärtner

Dialog Dialogue

1 Kommentare/Commentaires

  1. Ein schöner Bericht! Danke! Mir gefallen die Kreisverkehre in Frankreich sehr gut, besonders wenn ein Kreisverkehr sofort in den nächsten Kreisverkehr wechselt. Das macht mir Spaß. In Deutschland sollte man diesem Beispiel mehr folgen. Der Verkehr ist wesentlich flüssiger als an einer Ampelkreuzung. Die Inseln in der Mitte sind oft sehr kreativ gestaltet und wirklich schöner als die von Unkraut zugewucherten und vermüllten Verkehrsinseln in Deutschland.

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