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Paris Saint-Germain

Höhen und Tiefen

Constantin Dambier

Champions League am 18.02.2020 in Dortmund: Kylian Mbappé am Ball vor Neymar Jr., © picture alliance/dpa

24. August 2020

Jeder Fußballfan verbindet den französischen Fußballmeister Paris Saint-Germain (PSG) mit erstklassigem Fußball und dem Star-Ensemble um Kylian Mbappé und Neymar Jr. Die Geschichte des Klubs mit einem Update nach dem UEFA-Champions-League-Finale 2020.


Kurz nachdem die Stadt Paris das Stadion Parc des Princes (Prinzenparkstadion) im 16. Arrondissement hatte umbauen und 1972 mit Platz für rund 49 000 Zuschauer wiedereröffnen lassen, zieht PSG dort ein. Bereits 1974 gelingt dem Klub der Aufstieg in die erste Liga.

Große Träume werden wahr

Getreu dem Vereinsmotto „Rêvons plus grand“ (Lasst uns größer träumen), wird der am 12. August 1970 gegründete Paris Saint-Germain Football Club im deutschsprachigen Raum als Paris Saint-Germain, kurz PSG, bekannt. PSG war aus dem Vorstadtklub Stade Saint-Germain im Pariser Vorort Saint-Germain-en Laye hervorgegangen; Vorbild war der spanische Hauptstadtklub Real Madrid.

Als der Modeschöpfer Daniel Hechter 1974 mit einer Investorengruppe bei PSG einsteigt, um die Vision von einem international konkurrenzfähigen Hauptstadtklub zu verwirklichen, verändert er PSG und den Pariser Fußball grundlegend und nachhaltig.

Der Hauptstadtklub profitiert jetzt nicht nur vom frischen Kapital, sondern auch durch Hechters Expertise in Sachen Mode: Der begnadete Designer entwirft das weltweit bekannte Vereinslogo mit dem Eiffelturm sowie neue Trikots für die Spieler, marineblau mit einem roten Längsstreifen. 1978 wird Hechter mit einem Ticketskandal in Verbindung gebracht. Wegen doppelter Eintrittskartenabrechnung wird er vom französischen Fußballverband gesperrt und muss sein Amt als Klubpräsident niederlegen.

Mit dem neuen Klubpräsidenten Francis Borelli kommen sportliche Erfolge: 1982 und 1983 etwa gewinnt PSG den französischen Fußballpokal (Coupe de France de football).

Mit Canal+ an die Spitze

Anfang der 1990er Jahre erhält der Pay-TV-Sender Canal+ die Fernsehrechte für die Übertragung der Spiele der ersten Liga (Ligue 1). Noch im selben Jahr übernimmt der Sender PSG, für den eine beispiellose Erfolgsgeschichte beginnt. Die Neuverpflichtungen von internationalen Topstars ermöglichen dem Klub, sich in der Spitzengruppe der Liga zu etablieren.

Nicht lange lassen der zweite Meistertitel (1994) sowie mehrere Pokalsiege auf sich warten. Der Durchbruch kommt jedoch mit dem Sieg des Europapokals der Pokalsieger 1996. Der Name des Erfolgs: Michel Denisot, Chef von Canal+ und PSG-Präsident von 1991 bis 1998.

Beginn einer neuen Ära

Es folgen Jahre der sportlichen Bedeutungslosigkeit, in denen das Prinzenparkstadion bei PSG-Spielen immer häufiger nicht ausverkauft ist. Erst mit dem neuen Großinvestor Qatar Sports Investments, der 2011 rund 70 Prozent der Anteile an PSG erwirbt, werden die Träume von einem internationalen Top-Klub wahr, der er bis heute ist.

Das Gesicht des neuen Großinvestors ist der Geschäftsführer des Fernsehsenders beIN, der sich die Übertragungsrechte der Ligue 1 mit Canal+ teilt, Nasser Al-Khelaifi. Die sportliche Entwicklung des Vereins nach der Übernahme ist immens – so wie auch die finanziellen Ausgaben, die bis heute mit rund 1,25 Mrd. Euro auf europäischem Spitzenniveau sind. PSG wird zum Glamourklub und gewinnt ab 2013 nahezu alle nationalen Titel.

Teuerste Transfers der Fußballgeschichte

Um den Ansprüchen Nasser Al-Khelaifis gerecht zu werden, schultern die Investoren mit den Einkäufen des französischen Fußballjuwels Kylian Mbappé sowie des brasilianischen Wunderdribblers Neymar Jr. 2017 die zwei teuersten Transfers der Fußballgeschichte. Der Weg ist geebnet für den ersten Pariser Champions League-Sieg und damit für den so lange erträumten Platz auf dem Fußball-Olymp.

Cheftrainer von PSG ist seit der Saison 2018/19 Thomas Tuchel – der erste deutsche Trainer in der Geschichte des Vereins. Mit ihm gewinnt die Mannschaft die ersten 14 Ligaspiele und stellt damit einen neuen Startrekord in der Ligue 1 auf.

Weltmeister Kylian Mbappé, Gegenwart und Zukunft des Vereins, steht für die neue Generation des französischen Fußballs. Der 21-jährige Franzose ist zudem der Beweis für eine funktionierende Integration durch den Fußball, bei der Frankreich als Vorreiter im internationalen Geschäft gilt. Bereits in jungen Jahren gewinnt der Außenstürmer aus der Pariser Banlieue acht Titel und schießt insgesamt 83 Tore. Die Verpflichtung Mbappés 2017 kostet PSG 180 Millionen Euro. Sein aktueller Marktwert in Höhe von 200 Millionen Euro nähert sich der Ablösesumme für den im gleichen Jahr verpflichteten Brasilianer Neymar Jr.: 222 Millionen Euro.

Die Gerüchte und Diskussionen über den Wechsel der beiden Weltklasse-Spieler zu anderen Klubs – Neymar Jr. zu seiner alten Wirkungsstätte FC Barcelona, Mbappé zu Real Madrid – sind seit der Corona-Krise vorerst verstummt, zumal die damit verbundenen finanziellen Einbußen der Klubs wesentlichen Einfluss auf Transfer-Entscheidungen haben dürften.

Links

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UEFA-Champions-League 2020

Ortwin Ziemer

Es war der Moment, in dem das Gesicht des deutschen Coachs auf der Pariser Trainerbank, Thomas Tuchel, zur Maske erstarrte: Nach einer knappen Stunde Spielzeit schoss Kingsley Coman des Champion-Leagues-Final-Gegners 2020, FC Bayern München, das entscheidende 1:0 – ein Tor mitten ins Pariser Herz. Der begehrte „Henkelpott“, in Frankreich „la coupe aux grandes oreilles“ (die Trophäe mit den großen Ohren), wanderte zum sechsten Mal an die Isar.

Spezielles Vereinsmodell

Die Niederlage ist nicht das einzige Problem von PSG: Seit Qatar Sports Investments (QSI) den Pariser Verein übernommen hat – im Grunde als ein aus Petrodollars des Scheichtums Katar finanzierter, auf Spitzenclubs und sportliche Großereignisse spezialisierter Investmentfonds –, hatte PSG mehrmals Probleme mit dem Finanziellen Fair Play der UEFA, das seit der Saison 2012/13 Nachhaltigkeit im Finanzgebaren der großen Fußballclubs Europas gewährleisten soll. Vereinfacht gesagt: die Clubs dürfen bei Einkäufen auf dem Transfermarkt nicht mehr Geld ausgeben, als sie aus selbst generierten Einnahmen – also aus dem Verkauf von Tickets, Trikots, anderen Accessoires und Spielerverkäufen – zur Verfügung haben. Direkte Finanzspritzen des Sponsors und/oder Vereinseigentümers (in diesem Fall QSI) sind bei der Erstellung der Bilanz verboten.

PSG wurde von der UEFA mehrmals verdächtigt, diese Spielregeln nicht einzuhalten. Im März 2019 sollte ein Untersuchungsverfahren gegen PSG Klarheit verschaffen, eine Entscheidung, die vom Internationalen Sport-Schiedsgericht jedoch gleich wieder kassiert wurde: die UEFA hatte laut Urteilsbegründung die geltenden Fristen bei der Verfahrenseröffnung nicht eingehalten.

Der Pariser Hauptstadtclub vertritt zudem ein Vereinsmodell, das es in dieser Ausprägung kein zweites Mal gibt. Der PSG-Trainer ist, zumindest bei seinen Personalentscheidungen – Aufstellungen und Spielerverpflichtungen – eindeutig dem Sportdirektor und dieser wiederum dem Präsidenten untergeordnet, also Nasser al-Khelaïfi, der mit dem TV-Sportjournalismus und als ehemaliger Staatsminister Katars eng mit den politischen und wirtschaftlichen Interessen des Emirats verquickt ist – eine Konstellation, die dem Trainer, derzeit Thomas Tuchel, so gut wie keinen sportlichen Entscheidungsspielraum lässt.

Vereint gegen Rassismus

Waren die Bundesligaklubs (wie beim UEFA-Cup 1979/80) diesmal schon im Halbfinale der Champions League nicht unter sich, so hatte dieses dreifache deutsch-französische Duell ab der Vorschlussrunde der Königsklasse unbestreitbar seinen sportlichen und auch außersportlichen Reiz: dem Fußball gelang es dank seines europäischen Vorzeigewettbewerbs wieder einmal, seine völker-, generationen- und verschiedenen Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens (wie Politik und Gesellschaft) verbindende Wirkung – und auch die Vermittlung gewisser Ideale wie sportliches Fair Play und den Kampf gegen Rassismus – recht überzeugend umzusetzen.

Dazu trug im Vorfeld des Champions-League-Finales 2020 das seit Jahren exemplarische Engagement von PSG-Superstar Kylian Mbappé zugunsten der seit 2013 in Zusammenarbeit mit den Fanclubs großer Vereine betriebenen UEFA-Kampagne „Vereint gegen Rassismus“ bei, die im Stadion und online hochgehalten wird – was sich nicht zuletzt bei spontanen Verbrüderungen zwischen den Fanclubs der beiden Finalisten zeigte.

Randale statt Feier

Alles war bereit für die große Siegesfeier in Paris, als die PSG-Fans trotz Corona-Beschränkungen und steigender Corona-Infektionszahlen pünktlich zum 50jährigen Clubjubiläum auf den Champs-Elysées den größten Erfolg der Vereinsgeschichte feiern wollten. Stattdessen herrschte nach dem Siegestor der Bayern herbe Ernüchterung. Ausgerechnet Kingsley Coman, ein aus der Jugendarbeit des PSG hervorgegangener, antrittsschneller, technisch äußerst versierter Flügelstürmer mit variationsreichem Stellungsspiel hat es erzielt. Aus Guadeloupe stammend hatte er  Paris einst als 18-Jähriger ablösefrei in Richtung Juventus Turin verlassen, wo er seinen ersten Profivertrag unterschieb, bevor er schon ein Jahr später zum französischen Nationalspieler und sodann zum Vize-Europameister 2016 aufstieg, auch wenn er anschließend verletzungsbedingt an der siegreichen WM 2018 in Russland nicht teilnehmen konnte.

© Alexey Novikov, stock.adobe.com

Stattdessen brach sich auf den Champs-Elysées der Volksfrust Bahn. Es kam zu teils schweren Ausschreitungen mit Plünderungen von Geschäften, brennenden Autos, mehr als hundert Festnahmen und ersten Verurteilungen zu mehrmonatigen Haftstrafen, Auseinandersetzungen zwischen randalierenden „Ultras“ und Ordnungshütern sowie mehr als 400 Bußgeldbescheiden wegen Missachtung der Maskenpflicht. Als sich beide Seiten mit Tränengas und Feuerwerkskörpern beschossen, konnte man sich eines gewissen Déjà-vu-Effekts aus der Hochphase der Gelbwesten-Proteste kurz vor und nach dem Jahreswechsel 2018/2019 nicht erwehren. Damals wie heute bestimmten Chaoten das Bild auf den Champs-Elysées. Ihr alleiniges Ziel: Randale.

Mitarbeit: Raphaël Ziemer

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