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Aktuelle französische Chansons

Toï Toï Toï

Louise Schöneshöfer

Suzane bei den 36. Victoires de la Chanson am 12. Februar 2021 in Boulogne-Billancourt, © picture alliance / abaca, David Nivière / ABACAPRESS.COM

26. Mai 2021

In Frankreich macht eine junge Generation von Sängerinnen auf gesellschaftskritische Themen aufmerksam. Mit einer Mischung aus klassischem Chanson und zeitgenössischer Pop- und Elektromusik haben sie damit auch in Deutschland Erfolg.

Suzane (Océane Colom) wurde in Deutschland 2020 mit ihrem Album Toï Toï Toï bekannt – obwohl die Kulturszene ab März wegen Corona stillstand. Im Jahr zuvor war sie in Frankeich mit rund 200 Konzerten die Sängerin mit den meisten Auftritten. Es folgte die Auszeichnung in der Kategorie für den besten Live Act bei den Victoires de la Musique und eine Nominierung für den Anchor Award, den Nachwuchspreis beim Reeperbahn-Festival.

In einigen ihrer Songs setzt sie sich als Umweltaktivistin ein, beispielsweise in Il est où le SAV? (Wo bleibt der Kundendienst?) – auch zusammen mit Horst Wegener: Es wird heiß, il est où le SAV? So trat die Singer-Songwriterin auch beim globalen Klima-Protesttag von Fridays for Future am 25. September 2020 in Berlin auf.

Bevor sie auf die Bühne ging, zog es Suzane nach Paris, wo sie zunächst in einem Bistro arbeitete. Die Beobachtungen, die sie dort machte, fließen in ihre Liedtexte mit ein. Als Kellnerin träumte sie davon, eines Tages im Olympia aufzutreten. Davon handelt ihr Song Suzane – ihr Künstlername und der Vorname ihrer Großmutter.

Musikalisch rekurriert sie auf Elemente des klassischen Chansons – Brel, Piaf, Barbara … – mit denen sie aufgewachsen ist – und mischt sie u. a. mit Elektro. So entstehen Dance-Beats, die sowohl zum Tanzen als auch zum Nachdenken anregen. Die Spoken-word-Parts im Refrain sind stets Ohrwürmer, so wie in L‘Insatiable.

Suzane trägt in vielen ihrer Clips einen blauen Overall – eine Hommage an Bruce Lee, Elvis Presley und Ludwig XIV. Sie kämpft, mitunter militant und feministisch, für Gender-Pluralität, und propagiert etwa in L’appart vide offensiv ihre Homosexualität.

Angèle

Auch die frankophone Belgierin Angèle (Angèle Joséphine Aimée Van Laeken) feiert in Frankreich große Erfolge. Die 25-Jährige aus Brüssel thematisiert mit einem Augenzwinkern Banales aus dem Alltag – und übt immer wieder Gesellschaftskritik, indem sie sich zum Beispiel für die Rechte von Frauen engagiert. Vor ihrem Debüt-Album Brol, erschienen 2018, machte sich Angèle auf Instagram und YouTube einen Namen.

Im April 2019 veröffentlicht sie mit Balance ton Quoi die sechste Single aus Brol und greift dabei den Twitter-Hashtag #BalanceTonPorc auf – die französische Version von #MeToo.

Angèles Bruder Roméo Elvis ist in Frankreich als Rapper bekannt; den Song J’ai vu haben die Geschwister gemeinsam komponiert und gesungen.

Pomme

Die 24-jährige Lyonnerin Pomme (Claire Pommet) zählt als Gewinnerin der Victoires de la Musique ebenfallszu den größten Musiktalenten Frankreichs. Seit 2017 tritt sie als Singer-Songwriterin auf und war als Vorprogramm von Louane, Vianney und Benjamin Bioley auf der Bühne. Inzwischen hat Pomme zwei Alben veröffentlicht, darunter Les failles (Die Schwachstellen), über das sie in einem Dokumentarvideo spricht. Das Album besteht aus 19 Tracks und ist ein sensibles Tagebuch.

Les failles bedeutet für sie, sich in der eigenen Haut nicht wohl zu fühlen und sich vorstellen zu müssen, permanent von anderen bewertet zu werden. Ihre Gefühle offenbart sie auch in Je sais pas danser – eine Mischung aus Chanson und Traum-Folk. Bei der Musiksendung „Symphonissime“ des französischen TV-Senders France 2 im März trat Pomme mit einer Interpretation von Barbaras Chanson „Göttingen“ auf.

In ihren romantischen Liebesliedern nimmt auch Pomme immer wieder Bezug auf ihre Homosexualität. „J’assume très naturellement mon homosexualité, par exemple en utilisant dans mes chansons des pronoms féminins.“ (Ich gebe meine Homosexualität auf äußerst natürliche Art und Weise preis, zum Beispiel, indem ich in meinen Liedern weibliche Vornamen verwende), sagte sie dem Kulturmagazin Télérama.

Hoshi

Hoshi (Mathilde Gerner), 24, eine ehemalige Straßensängerin und die „Entdeckung“ der Casting-Show The Voice, machten zwei Alben 2018 und 2020 auf einen Schlag frankreichweit bekannt. Das Chanson „Ta Marinière“ aus dem Debütalbum Il suffit d’y croire ist ihr mit Abstand erfolgreichstes Lied und stürmte die Charts.

Hoshi ist von Jacques Brel und Serge Gainsbourg, Patti Smith, Janis Joplin und den Bands Noir Désir und Nirvana inspiriert; ihre Passion jedoch ist die japanische Kultur. Daher ihr Künstlername Hoshi Hideko (kurz: Hoshi), der auf Japanisch „Stern“ bedeutet. Sie singt zu melodischem Elektro-Pop über Zweifel und Verletzungen.

Barbara Pravi

Spätestens seit dem Eurovision Song Contest (ESC) 2021 ist Barbara Pravidem auch dem europäischen Publikum ein Begriff: Die 28-Jährige aus Paris kam für Frankreich mit ihrem Song Voilà auf den 2. Platz. Voilà!

Ihre Stimme und Frisur erinnern an Édith Piaf. Pravis Songtexte sind oft an wahre Begebenheiten angelehnt. So handelt Deda von der Geschichte ihrer serbischen Familie.

Clara Luciani

Die 28-jährige Korsin Clara Luciani ist von Ikonen des französischen Chansons, Françoise Hardy, Serge Gainsbourg, sowie der Amerikanerin Patti Smith beeinflusst. Vor allem mit ihrem Studioalbum Sainte Victoire (2018) hatte die ehemalige Sängerin der Band La femme großen Erfolg; bei den Victoires de la Musique siegte sie in der Kategorie für den besten Live Act.

Ihr unkonventioneller Stil und außergewöhnliche Songtexte sorgen für Aufmerksamkeit. Die gerade erst neu veröffentlichte Single Le reste ist Teil ihres Albums Coeur, das im Juni 2021 erscheint.

Juliette Armanet

Juliette Armanet, 37, hat in Frankreich mit ihrem Debütalbum Petite Amie, darin der Song L’amour en Solitaire, nicht nur alle Verkaufsrekorde gebrochen, sondern auch dem Genre Chanson neue Impulse gegeben. Dafür wurde sie 2018 als beste Newcomerin ausgezeichnet.

In einer Mischung aus klassischem Chanson und sehr intimen, persönlichen Geschichten bewegt sie sich zwischen den Polen Melancholie und Humor. Ihre Chansons erzählen von Ekstase, Desillusionierung und Liebe und treffen damit den Geist der Zeit. „Die heutige Generation von Chansoniers traut sich, das Wort zu ergreifen und die Chansons der Zeit anzupassen“, so die Sängerin in einem Interview mit der Deutschen Welle.

Weitere aktuelle Sängerinnen aus Frankreich:

Aloise Sauvage, Jain (Jeanne Louise Galice), Kimberose (Kimberly Rose Mills) Louane (Anne Peichert), Maëlle (Maëlle Pistoia)

Hörtipp:
„Monsieur Chanson“ Gerd Heger bittet in der ARD-Audiothek zum RendezVous Chanson

Dialog Dialogue

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