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Pariser Museen

Von Alt nach Neu

Birgit Holzer

Die ehemalige Handelsbörse Bourse de Commerce, seit 2021 Ausstellungsort der Pinault Collection, © Tadao Ando Architect & Associates, Niney et Marca Architectes, Agence Pierre-Antoine Gatier, photo : Vladimir Partalo

10. Juni 2021

Mit dem Ende des harten Corona-Lockdowns sind Frankreichs Museen seit Mitte Mai 2021 wieder geöffnet. In Paris gab es eine beeindruckende Neueröffnung – und zwei seiner Museen präsentieren sich nun in neuem Glanz.

Die Bourse de Commerce – Pinault Collection, die einen Teil der Privatsammlung des Großindustriellen François Pinault zeigt, eröffnete am 22. Mai nach jahrelanger Vorbereitung völlig neu. Das Musée Carnavalet, ältestes Museum der Stadt und ihrer Geschichte gewidmet, und die Maison de Victor Hugo, das Hausmuseum des französischen Nationalschriftstellers an der Place des Vosges, nutzten die Auszeit für umfangreiche Umbau- und Renovierungsarbeiten.

Bourse de Commerce – Pinault Collection

Fast 10.000 Werke moderner und zeitgenössischer Kunst besitzt der französische Milliardär François Pinault, seine Privatsammlung gilt als eine der bedeutendsten der Welt. Fortan zeigt er eine wechselnde Auswahl davon im Herzen von Paris, nämlich in der ehemaligen Handelsbörse in unmittelbarer Nähe des pulsierenden Metro-Bahnhofs Châtelet les Halles. Damit wird Paris nach der Fondation Cartier und der Fondation Louis Vuitton von Pinaults Erzrivalen, dem Multimilliardär Bernard Arnault, um eine weitere Privatsammlung bereichert.

Others, 2018: Die Tauben von Maurizio Cattelan sind Teil der Ausstellung „Ouverture“, © Maurizio Cattelan, Courtesy de l’artiste et de Bourse de Commerce – Pinault Collection, photo: Marc Domage

Die Stadt übergab dem Gründer des Luxuskonzerns Kering (zu dem Marken wie Gucci oder Saint Laurent gehören) für die kommenden 50 Jahre und gegen Zahlung einer Miete die Rechte für die Nutzung der einstigen Getreide-Markthalle im Herzen von Paris. In diesem Juwel der Pariser Architektur mit seiner charakteristischen Glaskuppel war bis vor wenigen Jahren die Pariser Handelskammer untergebracht. Pinault ließ das denkmalgeschützte Gebäude behutsam umbauen, um dort zunächst eine erste Ausstellung von knapp 200 Werken zu präsentieren.

Die Hauptidee des mit dem Umbau des Gebäudes beauftragten japanischen Architekten Tadao Ando ist ebenso bestechend wie einfach: Ins Zentrum der Halle setzte er unter die Glaskuppel einen imposanten Beton-Zylinder von neun Metern Höhe, der den Raum strukturiert. Wer die Augen 38 Meter hinauf bis zur Spitze der Kuppel hebt, entdeckt, wie einen reich dekorierten Spiegel, eine riesige, vielfarbige Freske an der Decke des Raums.

Vergängliche Werke

„Ouverture“ heißt die überraschende Schau von Gemälden, Skulpturen und Installationen, geschaffen von Künstlern verschiedenen Alters, verschiedener Herkunft und mit unterschiedlichem Bekanntheitsgrad: Pinault wollte gerade auch jüngeren und noch weniger etablierten Schöpfern eine Vitrine geben. Unter ihnen ist beispielsweise der junge Deutsche Florian Krewer.

Im Hauptsaal thront eine Kopie des Werks Der Raub der Sabinerinnen im Stil klassischer Skulpturen. Wie mehrere andere Objekte im Raum – das häufig verkaufte Modell eines Gartenstuhls etwa und Flugzeugsitze als Symbole der Globalisierung sowie eine überlebensgroße Skulptur des Malers Urs Fischer – besteht sie aus Wachs. Durch mehrere Dochte, die permanent brennen, schmilzen die Werke nach und nach, bis in einigen Monaten nichts mehr von ihnen übrig sein wird – ein Hinweis auf die Vergänglichkeit der Kunst. Und ein Anreiz, die Installation möglichst schnell zu sehen. Übrigens sind auch die Tauben, die – etwas beunruhigend für die Besucher – oben auf den Armaturen des Gebäudes sitzen, keine echten Lebewesen. Geschaffen hat sie der Italiener Maurizio Cattelan.

Maison Victor Hugo

Das ehemalige Wohnhaus Victor Hugos an der Place des Vosges, © EQRoy, Shutterstock

In Gehdistanz, im Marais und an einem der schönsten und ältesten Plätze von Paris befindet sich das ehemalige Wohnhaus des Schriftstellers Victor Hugo: Die frühere Place Royale wurde später in Place des Vosges umbenannt. In den dortigen Räumlichkeiten, die der Schriftsteller von 1832 bis 1848 mietete und bewohnte, befindet sich heute ein Museum, das sich ihm und seinem Schaffen widmet.

Es zeigt Objekte, Schriftstücke, Grafiken und Möbelstücke, die sein Leben prägten und begleiteten. Insbesondere der Empfangsbereich wurde in der Umbauphase verbessert: Der Innenhof des imposanten Stadtpalais wurde begrünt; in den Hof zog ein Restaurant; die digitale Erkundung des Museums per App wurde erweitert.

Anlässlich der Herausgabe einer neuen Monografie, die sich dem zeichnerischen Werk von Victor Hugo widmet, wird das Museum einen weniger bekannten Aspekt des Meisters hervorheben: seine Zeichnungen, Grafiken, Skizzen und Kohlezeichnungen. Tatsächlich hat Victor Hugo sein ganzes Leben unermüdlich gezeichnet – auch wenn er vor allem mit seinem schriftstellerischen Werk Berühmtheit erlangte (Les Misérables / Die Elenden, Notre-Dame de Paris / Der Glöckner von Notre-Dame, Odes et Ballades / Oden, Balladen und Orientalen …).

Musée Carnavalet

Das Hôtel de Carnavalet in der Rue de Sévigné nach der Restaurierung, © Musée Carnavalet, Foto: Cyrille Weiner

Ebenfalls im Marais befindet sich das historische Museum von Paris, das Musée Carnavalet. Insgesamt beherbergt es nicht weniger als 600.000 Werke und Objekte, von der Zeit des Imperium Romanum bis zur Gegenwart, ein wahrer Hüter der Pariser Stadtgeschichte – Zeichnungen, Manuskripte, Objekte, Skulpturen; jedes Ausstellungsstück hat auf seine Weise zur Geschichte der französischen Hauptstadt beigetragen.

Zur Wiedereröffnung wird in Kooperation mit der Stiftung Henri Cartier-Bresson eine Ausstellung mit in Paris entstandenen Bildern des französischen Fotografen Henri Cartier-Bresson gezeigt: Henri Cartier-Bresson – Revoir Paris (bis 31. Oktober 2021).

„Ouverture“ der Pinault Collection in der Bourse de Commerce:

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