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Arsène Lupin

1000 Gesichter

Mariella Hutt

Arsène Lupin 2021, © Emmanuel Guimier / Netflix

15. März 2020

Vom Roman zur Serie: Der Meisterdieb Arsène Lupin ist bereits seit über 100 Jahren aus zahlreichen Büchern, Theaterstücken, Comics und Filmen bekannt. 2021 zeigt Netflix ihn in einer modernen Version.

Mit über 70 Millionen Streams gehört Lupin schon jetzt zu einer der erfolgreichsten Serien der kommerziellen Video-Plattform Netflix. In mehr als zehn Ländern war die Produktion 2021 Nummer eins ihrer Top-Ten – auch in den USA, wo sie als erste französische Serie auf den obersten Plätzen des Netflix-Rankings vertreten war. 

Von Anfang an Kult

„So stolz, dass Lupin die erste französische Serie auf Netflix ist, die so einen internationalen Erfolg hat!“, twittert Omar Sy schon einige Tage nach der Veröffentlichung der Serie am 8. Januar 2021. Der durch Ziemlich beste Freunde bekannte Schauspieler spielt die Hauptrolle in der Serie, die von Netflix in 190 Ländern und in acht Sprachen angeboten wird.

© Netflix

Als Assane Diop will er ein wertvolles Collier aus dem Louvre in Paris stehlen, um den Tod seines Vaters zu rächen. Erzählt wird die Geschichte in fünf Folgen oder auch Kapiteln, wie Netflix sie nennt. Damit spielt die Produktion auch auf ihren Ursprung an. Denn die Geschichte um den Dieb basiert auf einer Buchreihe des französischen Autors Maurice Leblanc, der mit Arsène Lupin 1905 eine der populärsten fiktiven Figuren Frankreichs erschaffen hat.

In der Zeitung L’Auto veröffentlicht Leblanc 1904 die Erzählung Un gentleman, die von einem Autodieb handelt. Ein Jahr später soll er für Pierre Lafitte, Herausgeber der Zeitung Je sais tout, eine Geschichte à la Sherlock Holmes schreiben. Er greift auf Elemente aus seinem Text Un gentleman zurück und erfindet den sympathischen Dieb Arsène Lupin. Sein Text L’Arrestation d’Arsène Lupin (Die Verhaftung von Arsène Lupin) hat sofort Erfolg. 1907 erscheint der erste Lupin-Band Arsène Lupin gentleman cambrioleur (Arsène Lupin, Gentleman-Gauner).

Zwischen 1908 und 1941 folgen zahlreiche weitere Romane mit Abenteuern des cambrioleurs. Zusätzlich schreibt Leblanc mehrere Theaterstücke rund um seinen Protagonisten: So wird 1908 in Paris mit Arsène Lupin ein Stück in vier Akten aufgeführt. Drei Jahre später kommt der Sketch Une aventure d‘Arsène Lupin im Pariser-Konzertsaal La Cigale auf die Bühne.

Ein lukratives Geschäft

Arsène Lupin wird schnell auch zur Hauptperson in Büchern anderer Autoren, wie z. B. in den 1970er Jahren in mehreren Romanen des Autorenduos Pierre Boileau und Thomas Narcejac. Bevor Netflix sich des Themas annimmt, gibt es bereits zahlreiche filmische Adaptationen – nicht nur in Frankreich, sondern weltweit:  Schon 1910 und 1911 veröffentlicht der dänische Regisseur Viggo Larsen die fünfteilige deutsche Stummfilm-Reihe Arsène Lupin contra Sherlock Holmes. 1932 erscheint der US-amerikanische Mysteryfilm Arsène Lupin (Arsène Lupin, der König der Diebe). Die Mini-Serie Arsène Lupin joue et perd von Alexandre Astruc aus dem Jahr 1980 wird von vielen Fans als eine der besten audiovisuellen Umsetzungen gefeiert. 2004 erscheint mit Arsène Lupin (Arsène Lupin, der König der Diebe) eine der neueren filmischen Realisierungen, die eine junge Version des Meisterdiebs präsentiert.

Auch als Comic wird der cambrioleur in Frankreich mit großem Erfolg vermarktet: u. a. erscheint zwischen 1989 und 1998 die Comicserie Arsène Lupin; in Japan war die Manga-Serie Lupin III, die Geschichte des Enkels von Arsène Lupin, ein Verkaufsschlager.

Auf der Spur von Meister und Dieb

Arsène Lupin hat Fans auf der ganzen Welt. Als Pilgerort dient ihnen Étretat – das Seebad in der Normandie, in das sich Maurice Leblanc oft zum Schreiben seiner Romane zurückgezogen hat. Viele seiner Geschichten spielen denn so auch in dem Ort mit den weltbekannten Felsenklippen. Seit 1999 kann man dort die ehemalige Villa Leblancs besichtigen. Als Museum Le Clos Arsène Lupin, Maison Maurice Leblanc steht das Haus der Fangemeinde offen und per Audioguide kommt man dem Geheimnis der L’Aiguille creuse (Arsène Lupin und der Schatz der Könige von Frankreich) auf die Spur – einer der bekanntesten Kriminalromane des Autors.

Maurice Leblanc ist 2021 vor 80 Jahren 77-jährig gestorben, seine Figur Arsène Lupin aber lebt weiter: „Man könnte sagen, dass Arsène Lupin das Jahrhundert überstanden hat, weil er ein sympathischer Junge ist: der Bandit mit dem großen Herzen, der die Reichen ausraubt und die Armen verteidigt“, so Arsène Lupin-Biograf Jacques Dérouard in einem Interview mit dem Magazin L’Express. Die Thematik seiner Romane und Theaterstücke – die verschiedenen sozialen Schichten und die damit verbundene Ungleichheit – ist auch heute noch aktuell.

Maskeraden

Assane Diop ist der erste schwarze Darsteller Lupins. An einer Stelle sagt er im Film: „Ihr habt mich gesehen, aber ihr habt mich nicht angeschaut“. Denn um nicht erkannt zu werden, schlüpft der Meisterdieb stets in verschiedene Rollen. Bereits in den Romanen bleibt er durch seine Verwandlungen – mal ist er ein alter Mann, mal ein Arzt oder Detektiv – unerkannt. Assane Diop ahmt diesen Trick nach: Er ist mitunter zeitgleich Mitarbeiter einer Reinigungsfirma, Geschäftsmann und Pizzabote auf dem Fahrrad und entkommt so der Polizei.

„Arsène Lupin hat ein Gesicht, aber man kennt es nicht. Er hat 1000 Gesichter. Er hat in der Tat das Gesicht der Menschen, die ihn in jedem seiner Abenteuer vertreten. Aber Maurice Leblanc hat den Charakter von Arsène Lupin nie beschrieben. Wir haben also alle einen anderen Arsène Lupin im Kopf!“, erklärt Pierre-Antoine Dumarquez von der Fangemeinde L‘association des amis d‘Arsène Lupin  in France 3 den globalen und zeitlosen Erfolg des Meisterdiebs.

Die Geschichte Arsène Lupins wird weitererzählt werden, und zwar schon bald. Netflix hat bereits für den Sommer 2021 eine zweite Staffel angekündigt.

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