Französischer Staatspräsident
Emmanuel II.
19. Juni 2022
Fast ganz Europa ist glücklich, dass Emmanuel Macron weitere fünf Jahre Frankreichs Präsident bleibt. Anders seine Landsleute: Sie stehen mehrheitlich nicht hinter dem einst so dynamischen Hoffnungsträger, viele empfinden ihn als eitlen Sonnengott – und sorgen bei den Legislatives 2022 für eine empfindliche Niederlage des Präsidenten.
Dabei kann sich die Bilanz seiner ersten Amtszeit durchaus sehen lassen. Und es gibt gute Gründe, weshalb sich die Grande Nation auf die nächsten fünf Jahre freuen darf.
Obwohl Emmanuel Macron sich in der Stichwahl am 24. April 2022 mit 58,55 Prozent (18,8 Mio. Stimmen von 48,7 Mio. Wahlberechtigten) – vor fünf Jahren hatte er bei einer leicht höheren Wahlbeteiligung mit 66,1 Prozent eine Zwei-Drittel-Mehrheit – relativ klar gegen die rechtsnationale Marine Le Pen (41,45 Prozent, 13,3 Mio. Stimmen) durchsetzen konnte, mögen ihn wahrscheinlich die meisten Franzosen nicht – die Rede ist von 70 Prozent. Er ist ihnen zu unnahbar, elitär und vermittelt nicht das Gefühl, ihre Alltagssorgen zu verstehen. Das gilt besonders für die Nichtwähler mit ihrer Politikverdrossenheit: Laut einer Umfrage halten erschreckende 65 Prozent der Franzosen ihre Politiker generell für korrupt und 80 Prozent glauben, sie würden sich nicht für sie zu interessieren.
Macron vs. Le Pen
Viele stimmten in der Stichwahl nicht aus Begeisterung für den Amtsinhaber, sondern wollten – wieder einmal – schlicht Marine Le Pen und ihren Rassemblement National verhindern. Dies dürfte besonders bei den linken Anhängern von Jean-Luc Mélenchon zutreffen. Eine weitere, speziell französische Wahlvariante war bei der Stichwahl wie bei allen französischen Wahlen ebenfalls eine Option: Mit einem leeren Stimmzettel (vote blanc) stimmten 6,35 Prozent weder für Marine Le Pen, noch für Emmanuel Macron, nahmen aber an der Wahl teil; weitere rund 28 Prozent enthielten sich ganz: Die Wahlbeteiligung lag somit bei etwa 72 Prozent – sie ist bei einer Stichwahl die niedrigste seit 1969.
Marine Le Pen schaffte mit deutlich mehr als 40 Prozent der Stimmzettel Historisches, nämlich das beste Resultat einer extremen, rechten Partei insgesamt. Gründe dafür sind, dass sie weniger radikal als früher auftritt, damit für immer mehr Bürgerliche wählbar ist und im Wahlkampf geschickter als ihr Widersacher die Angst der Menschen vor steigenden Lebenshaltungskosten und dem wirtschaftlichen Abstieg thematisierte. Ihre Nähe zu Wladimir Putin schadete wenig – wobei es ein offenes Geheimnis ist, dass der Russe einen Sieg Le Pens als Schwächung Europas herbeigesehnt hatte.
Macron wiederum hatte seiner Gegnerin aufgrund seiner internationalen Verpflichtungen vor dem ersten Wahlgang allzu sehr das innenpolitische Feld überlassen. Termine vor Ort hatte er im Prinzip erst in den zwei Wochen zwischen dem ersten und dem zweiten Wahlgang – viele Regionen konnte er so aus Zeitmangel gar nicht erst besuchen. Für einen Kandidaten, der unter Verdacht steht, nur Metropolen zu schätzen und den die Provinz, la France profonde, angeblich nicht interessiert, war das unglücklich. Auch inhaltlich konnte Macron im Inland wegen seiner europäischen Aufgaben wenig punkten: Seine kompromisslose und trotz zahlreicher Proteste letztlich erfolgreiche Corona-Politik mit teils harten aber stets klaren Ansagen verschwand zuletzt zunehmend aus dem öffentlichen Bewusstsein; Ökologie spielte im gesamten Wahlkampf ohnehin eine nur untergeordnete Rolle. Und anders als vor fünf Jahren hielt sich seine beliebte Frau Brigitte diesmal sehr zurück.
Le Pens Sieg hätte ganz Europa erschüttert und damit langfristig auch Frankreich geschwächt, obwohl sie sich nicht mehr für den schnellen Austritt aus der Europäischen Union und die Abschaffung des Euro ausspricht. Für sie wären Europa – und die Nato – zweitrangig gewesen; mit ihrer Rückkehr zum „Europa der Vaterländer“ sieht sie sich in der Tradition von Charles de Gaulle.
Eines ihrer Hauptversprechen im Wahlkampf war die Bevorzugung von Franzosen u. a. bei Sozialleistungen, Wohnungsvergabe und Jobs. Dafür hätte sie allerdings die Verfassung ändern und französisches über europäisches Recht stellen müssen; auch die angesichts des Ukraine-Krieges existenzielle europäische Einigkeit wäre damit gefährdet worden.
Die zweite Amtszeit
Europa kann sich folglich freuen, mit Emmanuel Macron weiterhin eine charismatische, entscheidungsfreudige und tatkräftige Führungspersönlichkeit zu haben. Viele Deutsche, die die Berliner Politik als zu zögerlich empfinden, blicken mit Neid und Bewunderung zum Nachbarland. Dass er zwar mit dem russischen Präsidenten Putin spricht, ihm aber niemand zu große Nähe nachsagen kann, wird in einer spannungsreichen Weltlage helfen. Innerhalb Europas dürfte er das stark gewachsene Gewicht Frankreichs weiter verstärken. Vor allem in der zweiten Hälfte seiner Amtszeit hat er Akzente gesetzt, etwa sein Impuls für die Einstufung der Atomkraft als „grüne Energie“, sein Anstoßen europäischer Industrieprojekte und die aus französischer Warte sehr erfolgreiche Verhandlung des Corona-Fonds.
Im Inland wird es Macrons wichtigste Aufgabe sein, die Menschen ohne Besserwisserei von sich und seiner Politik zu überzeugen und die weitere Spaltung der Gesellschaft zu verhindern. Er muss sich seine missratenen kleinen Bemerkungen, die „petites phrases“, verkneifen, mit denen er immer wieder vor allem ärmere Schichten vor den Kopf stieß. Schwer geschadet hat ihm zum Beispiel 2018 der legendäre Rat an einen arbeitslosen Gärtner, er brauche doch nur in die Gastronomie zu wechseln und dazu die Straße überqueren, um einen Job zu finden. Doch der immer noch junge Mitvierziger ist gereift. Vergleichbares dürfte ihm künftig nicht mehr passieren.
Für die anstehende Überzeugungsarbeit verfügt der alte und neue Präsident über gute Argumente, die er allerdings zumeist mit einer gestiegenen Staatsverschuldung erkaufte: Die Wirtschaft ist vor der Pandemie um stattliche sieben Prozent im Jahr gewachsen, der Lebensstandard der Bevölkerung stieg, wobei allerdings die Schere zwischen Arm und Reich eher auseinanderging. Die Arbeitslosigkeit liegt trotz Pandemie mit 7.4 Prozent auf dem tiefsten Stand seit 2008; zu Beginn von Macrons Amtszeit waren es 2,1 Prozentpunkte mehr. bei den 15- bis 24-Jährigen sank die Quote von 22,3 auf 15,9 Prozent. Diese Werte muss er weiter drücken, auch um die Probleme permanenter Unruhen durch Jugendbanden in Vorstädten in den Griff zu bekommen. Die bisherigen Erfolge am Arbeitsmarkt hat er im Übrigen gegen den Willen der Gewerkschaften erreicht, indem er vor allem bei kleineren Unternehmen die Regelungen für Einstellungen und Entlassungen liberalisierte. In der Corona-Zeit halfen dann Investitionsprogramme, die in Frankreich massiver als in vielen anderen Ländern ausfielen, die Arbeitslosenquote niedrig zu halten.
Wenn es ihm gelingt, mehr Menschen in Arbeit zu bringen, hat er allerdings nur einen Teil der sozialen Probleme gelöst. Denn die Gelbwesten-Bewegung, die seit 2018 Straßen blockiert und teilweise erschreckende Gewaltexzesse lieferte, ist zwar in den Zeiten der Corona-Pandemie ruhiger geworden. Aber ihre Wut auf den „Präsidenten der Reichen“, der die Vermögenssteuer abschaffte, ist weiterhin groß, obwohl Macron intensiv das Gespräch mit ihnen gesucht hatte. Unter dem Druck der gilets jaunes musste Macron die Erhöhung der Benzinsteuer zurücknehmen und den Mindestlohn erhöhen.
Die Angst vor zu viel Unruhe sorgte auch dafür, dass seine Rentenreform nicht vorankam und das Projekt auf die jetzt beginnende Amtszeit verschoben wurd. Das aus deutscher Sicht niedrige Renteneintrittsalter von 62 Jahren – für manche Berufsgruppen wie Lokführer gelten sogar 52 Jahre – will und muss er aus demografischen und finanziellen Gründen erhöhen. Wie stark der Widerstand ist, weiß Macron: Er hat seine Renten-Ziele bereits ein Stück weit reduziert und sogar die Möglichkeit eines Renten-Referendums angedeutet. Er wird am Ende seiner zweiten – und verfassungsbedingt letzten – Amtszeit daran gemessen werden, was er hier liefern kann. Und daran, ob er es schafft, in fünf Jahren eine potenzielle Nachfolgerin oder einen Nachfolger aufgebaut zu haben.
Nach der Wahl ist vor der Wahl
Um seine Ziele zu erreichen, benötigt Macron trotz der enormen Machtfülle eines französischen Präsidenten allerdings auch einen entsprechenden Rückhalt in der Nationalversammlung, die im Juni 2022 in zwei Durchgängen gewählt wird. Profitieren könnte er davon, dass Franzosen traditionell die Partei des jeweiligen Präsidenten unterstützen, selbst wenn es eine Bewegung wie La République en Marche (LaREM) ist.
Vor fünf Jahren hat das noch funktioniert: Macrons LaREM bekam landesweit 28,21 Prozent der Stimmen. Das reichte wegen des umstrittenen französischen Mehrheitswahlrechts, um 308 der 577 Abgeordneten auf der Seite des Präsidenten zu haben – ein Ergebnis, das er im Juni 2022 voraussichtlich jedoch nicht mehr erreichen wird: Die Linken und vor allem die Rechten mit ihren mehr als 40 in der Stichwahl erreichten Prozent wollen das verhindern. Marine Le Pen hat das am 24. April 2022 bereits wenige Minuten nach der Bekanntgabe ihrer Wahlniederlage angekündigt.
Updates:
4. Juli 2022: Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron stellt drei Wochen nach der Parlamentswahl, bei der sein politisches Lager die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung Assemblée nationale verloren hat, die Regierung neu auf – ohne dabei die parlamentarische Opposition einbinden zu können. Die Umbildung des Kabinetts von Élisabeth Borne („Borne 2″) im Einzelnen:
- Neuer Gesundheitsminister ist der Intensivmediziner François Braun; seine Vorgängerin Brigitte Bourguignon musste nach ihrer Wahlniederlage bei der Parlamentswahl nach einem ungeschriebenen Gesetz ihren Posten räumen.
- Neuer beigeordneter Minister für Transport ist Clément Beaune.
- Der mit Vergewaltigungsvorwürfen konfrontierte Solidaritätsminister Damien Abad muss die Regierung verlassen; ihm folgt der bisherige Direktor des Roten Kreuzes, Jean-Christophe Combe.
- Neuer Umweltminister ist Christophe Béchu, Nummer zwei der Partei Horizons, die zur relativen Regierungsmehrheit zählt und die damit mehr Einfluss bekommt.
- Die neue Staatssekretärin für Europa, Laurence Boone (Vorgänger: Clément Beaune), war Wirtschaftsberaterin von Präsident François Hollande; sie ist auch für die deutsch-französischen Beziehungen zuständig.
- Neuer Regierungssprecher ist der frühere Gesundheitsminister Olivier Véran; er war im Kabinett Borne kurz Minister für die Beziehungen zum Parlament.
- Unter den Neuzugängen ist auch der Staatssekretär für Meeresangelegenheiten, Hervé Berville; der Wirtschaftsexperte und Überlebende des Völkermords in Ruanda war im Alter von vier Jahren von einer französischen Familie adoptiert worden. Er ist neben Bildungsminister Pap Ndiaye das zweite Regierungsmitglied mit schwarzafrikanischen Wurzeln und löst Justine Bénin ab. (JMU)
19. Juni 2022: Die Allianz Emmanuel Macrons hat nach der zweiten Runde der Parlamentswahl Législatives 2022 keine absolute Mehrheit mehr in der Assemblée nationale und wird sich in der kommenden Legislaturperiode politische Verbündete für ihre Gesetzesvorhaben suchen müssen. Die Wahlbeteiligung der rund 48,9 Mio Wahlberechtigten lag bei nur 46,2 %.
12. Juni 2022: Nach dem ersten Wahlgang der Parlamentswahl liegen die linke „Neue ökologische und soziale Volksunion“ Nupes (Nouvelle Union Populaire Écologique et Sociale) um Jean-Luc Mélenchon und die liberale Allianz des am 24. April 2022 erneut zum französischen Staatspräsidenten gewählten Emmanuel Macron „Gemeinsam!“ (Ensemble !) mit jeweils rund einem Viertel der abgegebenen Stimmen (25,66 bzw. 25,75 %) fast gleichauf; der rechte Rassemblement national erzielt 18,68 %, die konservativen Les Républicains 11,29 %.
Die Verteilung der 577 Sitze in der Nationalversammlung Assemblée nationale erfolgt im Wesentlichen jedoch erst mit dem zweiten Wahlgang, der am 19. Juni 2022 wiederum nach französischem Mehrheitswahlrecht stattfindet.
Staatspräsident Emmanuel Macron benötigt zur Durchsetzung seiner politischen Vorhaben in der zweiten Amtszeit ohne Koalitionspartner die absolute Mehrheit im Parlament, d. h. mindestens 289 Sitze. Prognosen gehen derzeit von einem Sieg für das Präsidenten-Lager aus.
Die Wahlbeteiligung bei einem ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahl war historisch gering: Nur 47,5 % der rund 48 Mio. wahlberechtigten Französinnen und Franzosen gaben ihre Stimme ab (2017: 48,7 %).
20. Mai 2022: Vor dem ersten Wahlgang der Parlamentswahl am 12. und 19. Juni 2022 ernennt der französische Staatspräsident Emmanuel Macron die MItglieder einer neuen Regierung unter Premierministerin Élisabeth Borne; die Rentenexpertin war zuletzt Arbeitsministerin im Kabinett von Premierminister Jean Castex und ist seit dem 16. Mai 2022 im Amt (Staatssekretärinnen: Regierungssprecherin Olivia Gregoire, Justine Bénin, Charlotte Caubel, Chrysoula Zacharopoulou).
Ihre Regierung steht unter dem Vorbehalt einer erneuten Mehrheit Macrons und seiner Verbündeten in der Assemblée nationale.
Neue Außen- und Europaministerin ist Catherine Colonna; Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire, Innenminister Gérald Darmanin und Justizminister Éric Dupond-Moretti behalten ihre Ämter; Verteidigungsminister Sébastien Lecornu war bisher Minister für die Überseegebiete (Nachfolgerin: Yaël Braun-Pivet), Kulturministerin Rima Abdul Malak bisher Präsidentenberaterin; der für Europa (und für die deutsch-französischen Beziehungen) zuständige Staatssekretär Clément Beaune wird zum Staatsminister im Außenministerium befördert, das Umweltministerium neu strukturiert: die bisherige Ministerin für den öffentlichen Dienst, Amélie de Montchalin, ist künftig für Umweltpolitik zuständig, Agnès Pannier-Runacher, bislang Industrieministerin, für die Energiewende; neuer Bildungsminister ist Pap Ndiaye, Sylvie Retailleau Ministerin für Hochschulen und Forschung, Damien Abad Minister für Solidarität, Autonomie und behinderte Menschen, Marc Faisneau Agrarminister, Olivier Dussopt Arbeitsminister; Staatsminister für die Beziehungen zum Parlament und Bürgerbeteiligung bei der Premierministerin wird der ehemalige Gesundheitsminister Olivier Véran, dessen bisheriges Amt Brigitte Bourguignon übernimmt (weitere Staatsminister: Isabelle Lonvis-Rome, Gabriel Attal, Christophe Béchu, Franck Riester); Amélie Oudéa-Castéra ist zuständig für Sport, Olympische Spiele und Paralympics.
Von den 28 Mitgliedern der neuen Regierung kandidieren 15 Ministerinnen und Minister, u. a. Premierministerin Élisabeth Borne, bei der Wahl zur Nationalversammlung Assemblée nationale am 12. und 19. Juni 2022 und müssen im Fall einer Niederlage in ihren Wahlkreisen zurücktreten – eine Vorgabe, die Staatspräsident Nicolas Sarkozy 2007 eingeführt und Emmanuel Macron bereits 2017 übernommen hat. (JMU)
La liste des ministres du gouvernement Borne :
- Monsieur Bruno le Maire, ministre de l’Économie, des Finances et de la souveraineté industrielle et numérique
- Madame Catherine Colonna, ministre de l’Europe et des affaires étrangères
- Monsieur Gérald Darmanin, ministre de l’Intérieur
- Madame Amélie de Montchalin, ministre de la Transition écologique et de la cohésion des territoires
- Monsieur Eric Dupond-Moretti, garde des Sceaux, ministre de la Justice
- Monsieur Sébastien Lecornu, ministre des Armées
- Monsieur Pap Ndiaye, ministre de l’Education nationale et de la jeunesse
- Monsieur Marc Fesnau, ministre de l’Agriculture et de la souveraineté alimentaire
- Madame Brigitte Bourguignon, ministre de la Santé et de la prévention
- Monsieur Olivier Dussopt, ministre du Travail, du Plein emploi et de l’Insertion
- Monsieur Damien Abad, ministre des solidarités, de l’autonomie et des personnes handicapées
- Madame Sylvie Retailleau, ministre de l’enseignement supérieur
- Monsieur Stanislas Guérini, ministre de la Transformation et de la Fonction publiques
- Madame Rima Abdul Malak, ministre de la Culture
- Madame Yaël Braun-Pivet, ministre des Outre.mer
- Madame Agnès Pannier Runacher, ministre de la Transition énergétique
- Madame Amélie Oudéa-Castéra, ministre des Sports et des Jeux Olympiques et Paralympiques
Sont nommés ministre délégué auprès de la première ministre :
- Monsieur Olivier Véran, chargé des relations avec le Parlement
- Madame Isabelle Lonvis-Rome, chargée de l’égalité entre les femmes et les hommes de la Diversité et de l’Egalité des chances auprès du ministre de l’Economie, des Finances et de la Souveraineté industrielle et numérique
- Monsieur Gabriel Attal, chargé des comptes publics auprès du ministre de l’Intérieur et de la ministre de la Transition écologique et de la Cohésion des territoires,
- Monsieur Christophe Béchu, chargé des collectivités territoriales auprès de la ministre de l’Europe et des Affaires étrangères
- Monsieur Franck Riester, chargé du Commerce extérieur et de l’attractivité
Sont nommés secrétaires d’Etat auprès de la première ministre :
- Madame Olivia Grégoire, porte parole du gouvernement.
- Madame Justine Bénin, chargée de la mer.
- Madame Charlotte Caubel, chargée de l’enfance auprès de la ministre de l’Europe et des Affaires étrangères.
- Madame Chrysoula Zacharopoulou, chargée du développement de la francophonie et des partenariats internationaux.
(Source : gouvernement.fr)
Der erste Wahlgang – le premier tour
Nach dem ersten Wahlgang (premier tour) der Präsidentschaftswahl war am 10. April 2022 zwar klar, dass mit Emmanuel Macron (27,85 %) und Marine Le Pen (23,15 %) dieselben Kandidaten wie vor fünf Jahren zur Stichwahl am 24. April 2022 antreten werden – sie bekamen die relativ meisten Stimmen, und keine Kandidatin und kein Kandidat hatte die absolute Mehrheit. Aber das war auch schon alles an vermeintlicher Normalität.
Sein Ergebnis ist ein Alarmzeichen dafür, dass sich die französische Gesellschaft von der klassischen Politik abwenden könnte, Europa den Franzosen unwichtig wird und sie sich radikalisieren. Mehr als ein Viertel der Wahlberechtigten blieb den Urnen fern. Und man stelle sich vor, in Deutschland würden Die Linke und AfD zusammen mehr als die Hälfte der Stimmen bei einer Wahl erreichen …
Genau dieses Votum für Rechts- und Linksextreme aber hat in Frankreich stattgefunden: Die rechtsextreme Marine Le Pen (Rassemblement National, 23,5 %), der rechtsextreme Éric Zemmour (Reconquête, 7,07 %) und der unerwartet sensationell erstarkte linksextreme Jean-Luc Mélenchon (La France insoumise, 21,65 %) haben zusammen über die Hälfte der Wählerstimmen bekommen. Zudem gibt es bei allen Unterschieden Gemeinsamkeiten – etwa bei der Europa-Skepsis, in der Sozialpolitik sowie dem frühen Renteneintrittsalter.
Für zwei einst über Jahrzehnte hinweg etablierte Volksparteien war der erste Wahlgang eine Katastrophe: Valérie Pécresse (Les Repubilicains, 4,78 Prozent) und Anne Hidalgo (Parti socialiste, 1,75 %) schnitten so schlecht ab, dass sie nicht einmal ihre Wahlkampfkosten erstattet bekommen, da sie an der 5-Prozent-Hürde scheiterten. Pécresse persönlich und ihre Partei stehen mit sieben Millionen Euro Schulden da und starteten verzweifelt direkt nach der Wahl eine Spendenaktion. Bei den Sozialisten ist das finanzielle Problem kleiner, weil sie sicherheitshalber weniger in den Wahlkampf investiert hatten und dank eines Immobilienverkaufs Rücklagen bilden konnten.
Wie stark das Parteiensystem erodiert ist, zeigt ein Blick zurück: Bis 2012 hatten noch die Republikaner, die von 2002 bis 2015 Union pour un mouvement populaire UMP hießen, nach Jacques Chirac mit Nicolas Sarkozy den Präsidenten gestellt, danach die Sozialisten mit François Hollande. Bis 2017 Emmanuel Macron die Wahl gewann. Er hatte 2016 eine Art liberale Partei gegründet und die Etablierten damit weiter geschwächt: Seine Partei En Marche wurde mit EM (Zufall?) genauso abgekürzt wie Emmanuel Macron. Diese Gruppierung – sie nennt sich seit 2017 La République en Marche (LaREM) – hat es jedoch bis heute nicht geschafft, in der Bevölkerung verankert zu sein – ein Aspekt, der bei der Wahl zur Nationalversammlung im Juni enorme Bedeutung haben dürfte.
Bemerkenswert bei der Präsidentschaftswahl 2022 war auch die Entwicklung von Éric Zemmour: Er erreichte zwar, nachdem er in Umfragen anfangs mit Marine Le Pen auf Augenhöhe lag, im ersten Wahlgang nur rund sieben Prozent. Doch er punktete nicht, wie viele erwartet hatten, bei benachteiligten Bevölkerungsgruppen, sondern besonders bei Reichen und Gebildeten. Im bourgeoisen 16. Pariser Arrondissement wählten ihn 17,5 Prozent, in den Nobelorten der Côte d’Azur bis zu 22 Prozent. Und obwohl sich Zemmour und Le Pen im Wahlkampf nichts schenkten, hat er für zweiten Durchgang zur Wahl der Rivalin aufgerufen. Er verhielt sich damit anders als Mélenchon, der nicht für Macron plädierte (von dem er sich allerdings auch wesentlich unterscheidet), sondern seine Anhänger lediglich mit Nachdruck aufforderte, im zweiten Wahlgang „keine einzige Stimme“ Le Pen zu geben.
Danke an Herrn Ziemer für diese umfangreichen und fundierten Ergänzungen. Mit Blick nach vorne wird jetzt in der Tat die Parlamentswahl entscheidend sein. Wobei Frankreich ernsthaft über das Mehrheitswahlrecht nachdenken sollte. Grob auf Deutschland übertragen, würde das ja bedeuten, dass rund 95 Prozent der Abgeordneten von Union und SPD gestellt würden. Grüne, FDP, Linke und AfD hätten wahrscheinlich nur ein paar Vertreter im Parlament sitzen, in etwa aus ihren Hochburgen, wo sie auch jetzt ausnahmsweise ein Direktmandat geschafft haben. Dass das viele als wenig demokratisch empfänden, leuchtet ein.
Ich bin persönlich in sehr vielen Punkten mit dem Artikel „Emmanuel II.“ einverstanden, durchaus auch mit der letztlich insgesamt positiven Bilanz der 1. Amtszeit Macrons und dem recht optimistischen Ausblick auf die kommende, vor allem was Europa betrifft. Allerdings sehe ich selbst hier doch ein wenig mehr Zweifel angebracht.
Immer wieder hat sich Macron in der Tat seit seiner Sorbonne-Rede vor bald fünf Jahren als Motor Europas profiliert und dabei sicherlich bedeutende Impulse gesetzt. Doch warum hat er es eben bei einem „Europa der Projekte“ belassen und nicht doch noch gemeinsam mit der scheidenden Angela Merkel, die europapolitisch und auch sonst nichts mehr zu verlieren hatte, da sie nicht mehr antrat, gemeinsam alles auf eine Karte gesetzt, um Europa den entscheidenden Ruck zu geben und endlich den gordischen Knoten durchzuschlagen, der in der schon zu lange (im Prinzip seit dem Desaster des EU-Verfassungskonvents von 2005) in der ungelösten und unbeantworteten Frage des EU-Zielkonflikts besteht?
Mit anderen Worten: Soll Europa ein Staatenbund bleiben, in dem in entscheidenden Politikfeldern, die für Europas Zukunft und schlichte Existenz so wichtig sind wie die Außen- und Sicherheitspolitik, weiterhin der engstirnige Einstimmigkeitszwang der intergouvernementalen Methode herrschen und der EU damit die Hände binden, oder soll die EU letztlich eben doch in einen föderalen Bundesstaat verwandelt werden, in dem das supranationale Prinzip der Entscheidungsfindung sich durchsetzt und Europa damit zu einem handlungsfähigen und ebenbürtigen Spieler der Geopolitik neben China und den USA machen würde?
Wie sehr existenzbedrohende Krisen die EU gerade in diesem entscheidenden Politikbereich zusammenschweißen und bisher rechtspopulistisch aus der Reihe tanzende, nationalistische und die Grundfreiheiten bedrohende Regime wieder in den Rang zurückrufen (Polen, Ungarn), hat doch eben der Ukraine-Krieg bewiesen. Nur wird es Macron als Impulsgeber mit dem außen- und europapolitisch in den ersten Wochen und Monaten seiner Amtszeit doch sehr zögerlichen Olaf Scholz als Tandempartner sicherlich dabei viel schwerer haben, als er es mit Angela Merkel hatte (bzw. eben hätte haben können). Der etwas schale Nachgeschmack einer vertanen Gelegenheit.
Dass Macron zeitweise durch hemmende Krisen auch etwas die Hände gebunden waren und damit sein innen- und auch außen- bzw. europapolitischer Reformeifer in seiner ersten Amtszeit mehrfach ausgebremst wurde, wie im Artikel „Emmanuel II.“ suggeriert wird, stimmt natürlich. Allerdings bin ich doch zumindest persönlich der Meinung, dass Macron zumindest die Gelbwestenproteste sich selbst zuzuschreiben hat. Und zwar nicht zuletzt durch seine sonnenkönigliche Haltung und zweitweise durchaus arrogante Abgehobenheit, die ja im Titel und im Artikel selbst durchaus angedeutet, aber dann doch wieder ein wenig hinweggelobt werden, wie mir zumindest scheint.
Nicht umsonst war sein Einzug auf dem Marsfeld zwar erneut, wie vor fünf Jahren, von der Europahymne untermalt, aber dennoch viel dezenter als damals. Triumphe sehen wirklich anders aus. Und nicht umsonst sagte er auch in seiner Ansprache unmittelbar nach der Wiederwahl, er strecke die Hände aus, und sein zweites „Mandat“ werde auch und gerade in punkto Entscheidungsfindung keine Fortsetzung des ersten sein.
Sicher hat er projetbezogene Akzente gesetzt, wie im Artikel zu Recht bemerkt wird. Gerade aber die Kernenergie, vor dem Hintergrund der planten neuen Leichtwasserrektoren, aber als „grüne“ Energie zu bezeichnen, scheint mir persönlich doch ein sehr zweifelhafter „Impuls“ zu sein. Im Gegenteil scheint mir das sture Beibehalten des alten französischen Tabus, endlich die auch in Frankreich ungelöste Frage der Endlagerung der noch auf Jahrhunderte hinaus hoch radioaktiven, abgenutzten Brennstäbe, also des Atommülls, zumindest bei Namen zu nennen, auch zu Macrons Sprachgebrauch und damit leider zu seinen energiepolitischen Grundüberzeugungen zu gehören. Nicht gerade ein Filetstück eines zukunftsfähigen Europas der Projekte.
Wie sehr auch mir persönlich die Aushebelung des bisherigen, traditionellen Parteiensystems ins Auge sprang, war mir bereits am Wahlabend klar. Da liege ich auch völlig auf derselben Wellenlänge wie der Artikel „Emmanuel II.“ Auch dass die Reduzierung der Ungleichheiten und das Schicksal der sogleich am Morgen nach der Wiederwahl erneut auf die politische Agenda zurückgeholte Thema der Rentenreform zu absoluten Prüfsteinen der neuen Amtszeit werden und letztlich über deren Erfolg oder Misserfolg entscheiden dürften, sehe ich wie der Verfasser des Artikels.
Auch dass LaREM diesmal der Durchmarsch von 2017 bei der anstehenden Parlamentswahl im Juni wohl verwehrt bleiben dürfte, ist absehbar. Meiner Ansicht droht sogar eine Minderheitsregierung oder eben von Anfang an eine Kohabitation, die die meisten Beobachter seit der Angleichung von Legislaturperiode und Präsidentenamtszeit und der Umkehrung des Wahlkalenders doch eigentlich ausschließen wollten.
Sollte das nun aber passieren, wäre Macron nicht nur der erste Präsident der V. Republik, der ohne bisherige Kohabitation wiedergewählt wurde, sondern möglicherweise auch der erste, der schon zu Beginn einer Amtszeit keine Parlamentsmehrheit mehr hätte. Sollte er dieses drohende Szenario womöglich gar schon unterschwellig spüren, als er verlauten ließ, die Rentenreform müsse möglicherweise auch per § 49.3, nach dem die Regierung Gesetze ohne Abstimmung im Parlament beschließen kann, durchgesetzt werden?
Wird der alte und neue Hausherr des Elysée bereits nervös, noch bevor selbst die neue Regierung ernannt, geschweige denn ein neues Parlament gewählt ist? Die politische Gleichung der neuen Amtszeit kann sicherlich gelöst werden, aber sie enthält doch mehr Unbekannte, als Macron lieb sein können. Zum Beispiel, dass sich ein Großteil der Bevölkerung durch das französische Mehrheitswahlrecht einfach nicht repräsentiert sieht.