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Covid-19

Ausgangssperre

Louise Fagart und Amalric Dantan

Die Verbreitung des Coronavirus im menschlichen Körper, © Unsplash

25. März 2020

Die Corona-Krise beherrscht die Schlagzeilen der Medien. In Frankreich hat sie das Alltagsleben fast völlig verändert. Berichte aus Colmar und Paris.

Die Schließung der Schulen im Département Haut-Rhin am 9. März hat für mich als Lehrerin sehr viel verändert, weil der direkte und persönliche Kontakt zu den Schülern und damit auch die Gruppendynamik verlorengegangen sind.

„Pädagogische Kontinuität“

Wir müssen laut Schulbehörde die „pädagogische Kontinuität“ online garantieren. Wie wir das machen, bleibt uns überlassen. Diese Freiheit ist natürlich ein Vorteil, jedoch ist es schwierig einzuschätzen, was man von den Schülerinnen und Schülern erwarten darf. Anfangs waren fast alle motiviert. Ich habe Arbeitsblätter hochgeladen, die online zurückgeschickt werden mussten. Als mir klar wurde, dass die Korrekturen sehr zeitaufwendig sind und meine Ansprüche zu hoch waren, habe ich es mit fertigen Online-Kursen versucht – aber auch deren Ergebnisse haben mich nicht überzeugt, bis auf die in guten und motivierten Klassen. Schließlich habe ich Unterrichtsinhalte als PDF-Dateien und Podcasts hochgeladen. Vom umfangreichen Mailkontakt mit Schülern und Kollegen sowie dem Korrigieren fühle ich mich immer noch überfordert und es ist schwierig, Arbeit und Privates zu trennen.

Zum ersten Mal habe ich am letzten  Wochenende bewusst nicht gearbeitet und meine Mails nicht gelesen – eine Empfehlung unserer Fachreferenten, um Burnout zu vermeiden, auch den der Schülerinnen und Schüler.

Im Epizentrum Elsass

Die Arbeit wirkt jedoch grundsätzlich strukturierend während der Ausgangssperre, in der ich nur einkaufen gehe – in einem Umkreis von einem Kilometer von der Wohnung entfernt. In diesem Radius dürfte ich auch spazieren gehen oder joggen, was ich aber wegen einer ärztlichen Empfehlung nicht mache.

Als mir der Ernst der Situation in den Krankenhäusern bewusst geworden ist, stand ich unter Schock und musste weinen. Die Zeit vor der Ausgangssperre ist mir wie ein Traum erschienen. Zum Glück geht es mir jetzt wieder besser, auch dank der vielen Telefongespräche mit Freunden und meiner Familie.

Ich war selbst lange krank und befürchte aufgrund der Symptome, das Virus in mir gehabt zu haben.

Louise Fagart, 27, Deutschlehrerin in Mulhouse, wohnt in Colmar.

Links

Berichte aus Deutschland, die Situation in Deutschland, die Situation in Frankreich

Bericht aus Paris

Eine Stadt unter Quarantäne, © Fotomontage: Adobe Stock

Corona-Krise in Paris bedeutet, dass …

– du gesehen hast, wie dein Nachbar, ein eigentlich völlig gesunder Mann, in einen Rettungswagen gebracht wird und Bilder aus dem Fernsehen mit einem Mal nicht mehr abstrakt sind
– ein Spaziergang zur Obsession wird
– … und vor allem eine gut überlegte Handlung: habe ich meine Ausgangsbescheingung korrekt ausgefüllt, habe ich Desinfektionsmittel dabei … entwickle ich eine Paranoia?
– nur wenige auf den Straßen unterwegs sind, und sie ähnlich unsicher sind wie du selbst
– du keinen einzigen Touristen siehst
– dir die Natur fehlt und der Bois de Boulogne zum Sehnsuchtsort wird
– du es bedauerst, nicht auf dem Land zu wohnen (wohin viele, die dort einen Zweitwohnsitz haben, gerade noch rechtzeitig geflohen sind)
– vor Lebensmittelgeschäften und Apotheken, wo immer nur wenigen Einlass gewährt wird, schier endlose Schlangen stehen, in denen alle gehörigen Abstand voneinander halten …
– … und immer wieder vergeblich auf der Suche nach einzelnen Produkten sind (Schutzmasken, Fieberthermometer … Kondome)
– du ohne Unterlass Nachrichten siehst und hörst, in denen es nur um ein Thema geht und es diesmal nicht das eine Thema ist
– du an der Menschheit zweifelst, außer an dir selbst
– du jeden Abend am Fenster applaudierst, um deine Hochachtung vor dem Pflegepersonal in Krankenhäusern öffentlich kundzutun
– du gerne mehr Steuern bezahlen würdest, damit das Gesundheitssystem verbessert wird (dessen Zustand du nicht kanntest und der dich sprachlos macht)
– du dir existentielle Fragen stellst und dir plötzlich auch ein ganz anderes Leben vorstellen kannst
– „Kurzarbeit“ ein Thema ist
– deine Nachbarn von Balkon zu Balkon kommunizieren und sich dabei zuprosten
– du den strahlend blauen Himmel siehst und die Hoffnung auf ein Ende dieses Albtraums nicht aufgibst.

Amalric Dantan, 55, Projektleiter, wohnt in Puteaux.

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